Bausummenüberschreitung: 

 

Der Architekt/Ingenieur schuldet zunächst dem Auftraggeber eine zutreffende Beratung über die voraussichtlichen Baukosten. 

 

Insofern stellt die Baukostenermittlung und deren Kontrolle eine wesentliche Pflicht des Architekten/Ingenieurs bei der wirtschaftlichen Betreuung des Bauherren dar. 

 

Der Architekt/Ingenieur muss daher bei der Grundlagenermittlung bereits den wirtschaftlichen Rahmen des Bauvorhabens abstecken und dazu den finanziellen Baukostenrahmen des Bauherren erfragen. Es gehört nämlich zu den Pflichten des Architekten/Ingenieur, die Zielvorstellungen des Bauherren zu ermitteln und die Planung darauf abzustellen. 

 

Zu den Aufgaben des Architekten/Ingenieur gehört auch die Klärung der Frage, ob die von ihm zu erstellenden Pläne für den Auftraggeber überhaupt finanzierbar sind. 

 

Schadensersatzansprüche kommen daher in Betracht, wenn der Architekt/Ingenieur unzutreffend über die voraussichtlichen Baukosten berät. 

 

Kommt es im Rahmen der Umsetzung des Bauvorhabens zu Überschreitungen der ursprünglich geschätzten Kosten, kommt es maßgeblich darauf an, welche Ursachen zur Erhöhung der Kosten geführt haben. 

 

Beruht die Verteuerung des Bauvorhabens auf Ursachen, die nicht im Verantwortungsbereich des Planers liegen, so scheidet eine Haftung des Architekten in der Regel aus. 

 

Will der Bauherr gegenüber dem Architekten/Ingenieur einen Schadensersatzanspruch wegen Überschreitung einer bestimmten Kostenobergrenze geltend machen, setzt dies zunächst voraus, dass die Parteien den Kostenrahmen als „vertraglich geschuldete Beschaffenheit des Architektenwerkes" vereinbart haben. Dann ist das Werk des Architekten oder Ingenieurs mangelhaft, wenn seine Planung diesen vertraglich vereinbarten Kostenrahmen überschreitet. 

 

Sofern eine bestimmte Bausumme nämlich als Kostenrahmen vereinbart ist, hat der Architekt/Ingenieur diesen zwingend einzuhalten. Wird dieser Rahmen überschritten, begründet dies einen Mangel des geschuldeten Architektenwerkes. 

 

Ob in diesem Zusammenhang eine „Toleranz“ zugunsten des Architekten/Ingenieur in Betracht kommt und gegebenenfalls in welchem Umfange, richtet sich nach dem Vertrag. Erst wenn sich im Vertrag Anhaltspunkte dafür finden, dass die vereinbarte Bausumme keine strikte Grenze, sondern nur eine „Größenordnung“ oder eine bloße „Orientierung“ sein soll, können Erwägungen zu Toleranzen angestellt werden. 

 

Für eine wirksame Vereinbarung eines Baukostenlimits ist erforderlich, dass der Bauherr für den Architekten erkennbar entscheidenden Wert auf die Einhaltung der Kostenvorgabe gelegt und der Architekt/Ingenieur ebenso deutlich erklärt hat, dass er diese Vorgaben einhalten kann und will. 

 

Überschreitet der Architekt das dann vereinbarte Kostenlimit, so liegt - wie ausgeführt - ein Werkmangel vor, bezüglich dessen gegebenenfalls der Architekt/Ingenieur eine Nachbesserungsmöglichkeit bzw. Nachbesserungspflicht hat. Solange eine Nachbesserung noch möglich ist, kann diese durch Modifizierung der Planung erfolgen, sofern die Modifizierung der Planung zu einer dem Bauherren noch zumutbaren und vom Vertragsgegenstand noch gedeckten Planungsabweichung führt. 

 

 

Beispiel: 

 

Nach Fertigstellung des Rohbaus und Vorlage der Schlussrechnung des Rohbauers stellt sich heraus, dass die geschätzten Kosten des Rohbaus deutlich um 50.000 EUR überschritten wurden und daher davon auszugehen ist, dass das gesamte Bauvorhaben nicht - wie vorgesehen - insgesamt für 600.000,00 Euro fertiggestellt werden kann, sondern wohl nur für 650.000,00 Euro. 

 

Der Architekt wäre nunmehr gehalten, Umplanungen vorzuschlagen, um diese Kostensteigerung um 50.000,- Euro wieder einzusparen. Dies könnte beispielsweise dadurch erfolgen, dass die Fenster nicht in der Ausführung „Aluminium‘, sondern in der Ausführung „Kunststoff“ eingebracht werden. Gleichzeitig könnte statt einer Doppelgarage nur eine einfache Garage ausgeführt werden und das Dach könnte statt mit Naturschiefer mit Beton-Dachsteinen belegt werden etc. 

 

 

Obwohl eine Bausummenüberschreitung vorliegt, kann der Bauherr aber nur dann einen Schadensersatzanspruch geltend machen, wenn ihm auch ein wirtschaftlicher Schaden tatsächlich entstanden ist. 

 

Ein solcher Schaden läge dann nicht vor, wenn der zu Lasten des Bauherren gehende Mehraufwand gleichzeitig zu einer Wertsteigerung des Objektes geführt hat. Um diesen Schaden festzustellen, ist einerseits die Vermögenslage des Bauherren - einschließlich des Grundstückswertes – ohne Pflichtverletzung und andererseits die Vermögenslage einschließlich des Grundstückswertes mit Pflichtverletzung des Architekten zu vergleichen. Zur Wertermittlung bei eigengenutzten Objekten wird dabei vom Sachwert des Objektes ausgegangen. 

 

 

Beispiel: 

 

Bauherr B ist Eigentümer eines Baugrundstücks mit einem Verkehrswert von 500.000,00 Euro. 

 

Auf diesem Baugrundstück lässt er ein Einfamilienhaus errichten, welches für eine Baukostenobergrenze von 500.000,00 Euro errichtet werden soll. 

 

Die tatsächlichen Baukosten belaufen sich schließlich nicht auf 500.000,00 Euro, sondern auf 700.000,00 Euro, da die Kostenschätzung/Kostenberechnung des Architekten schuldhaft falsch gewesen ist. 

 

Weist das fertiggestellte Bauvorhaben einen Verkehrswert von insgesamt 1.200.000,00 Euro auf, wäre zwar eine Pflichtverletzung des Architekten gegeben, allerdings läge kein Schaden des Bauherren vor. Die erhöhten Baukosten von insgesamt 700.000,00 Euro haben sich nämlich in einer vergleichbaren Wertsteigerung des Grundstückes ausgewirkt. 

 

Wäre das Objekt lediglich 1.000.000,00 Euro wert, läge ein wirtschaftlicher Schaden des Bauherren in Höhe von 200.000,00 Euro vor, da für das Objekt tatsächlich - unter Berücksichtigung der Herstellungskosten - 1.200.000,00 Euro verauslagt werden mussten. 

 

 

 

In der Praxis oft erstattungsfähig sind allerdings in diesen Fällen „erhöhte Finanzierungskosten“, die dadurch entstehen, dass der Bauherr zur Fertigstellung des Bauvorhabens einen weiteren Kredit aufnehmen muss, für den ihm die Bank schlechtere Konditionen eingeräumt hat, als für das ursprüngliche Darlehen. 

 

 

Beachte: 

 

Erfolgt keine Vorgabe einer bestimmten Baukostenobergrenze, so muss der Architekt/Ingenieur gleichwohl die finanzielleN Möglichkeiten des Auftraggebers klären und seiner Planung zugrunde legen, sofern er dessen Vorstellungen nicht widerspricht. 

 

Zu den Aufgaben des Architekten/Ingenieur im Rahmen einer von ihm übernommenen Grundlagenermittlung gehört nämlich auch die Klärung der Frage, ob die von ihm zu erstellenden Pläne für den Auftraggeber finanzierbar sind. 

 

Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Architekt/Ingenieur verpflichtet, auch in den Fällen, in denen die Parteien eine Kostengrenze nicht als Beschaffenheit des Architektenwerkes vereinbart haben, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen und den Auftraggeber über etwaige Kostenmehrungen zu informieren. 

 

 

Beachte: 

 

Äußert der Bauherr während der Bauphase kostenträchtige Sonderwünsche, so hat der Architekt aufgrund seiner Sachwalterstellung den Auftraggeber auf die Mehrkosten hinzuweisen (Nebenpflicht), außer wenn diese offensichtlich sind. Unterlässt er einen entsprechenden Hinweis schuldhaft, kann alleine dies Schadenersatzansprüche des Auftraggebers begründen. Gerade bei privaten Bauherren sollte der Architekt/Ingenieure daher grundsätzlich davon ausgehen, dass dieser sich über etwaige Mehrkosten falsche oder keine Vorstellungen macht und sollte ihn daher zwingend und beweisbar aufklären.