Abnahme:

 

Definition:

 

Die Abnahme ist die körperliche Hinnahme des Werkes verbunden mit der Billigung des Werkes als in der Hauptsache vertragsgemäß hergestellt.

 

Die Abnahme ist eine Hauptleistungspflicht des Auftraggebers und von dem Auftragnehmer selbstständig einklagbar. Verweigert also der Auftraggeber die Abnahme der erbrachten Werkleistung, so könnte ihn der Auftraggeber in einem Prozessverfahren verklagen, die Abnahme zu erteilen.

 

 

§ 640 Abs. 1 Satz 1 BGB:

 

Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. 

 

 

§ 12 Abs. 1 VOB/B:

 

Verlangt der Auftragnehmer nach der Fertigstellung - gegebenenfalls auch vor Ablauf der vereinbarten Ausführungsfrist - die Abnahme der Leistung, so hat sie der Auftraggeber binnen 12 Werktagen durchzuführen; eine andere Frist kann vereinbart werden.

 

 

 

 

 

In der Praxis kommen solche Prozessverfahren auf Erteilung der Abnahme aber ausgesprochen selten vor. 

 

Verweigert nämlich der Auftraggeber die Zahlung des Werklohnes unter Hinweis auf eine fehlende Abnahme und fehlende Abnahmefähigkeit, so kann ihn der Auftragnehmer dirket auf Zahlung des Werklohnes verklagen und das Gericht wird im Rahmen des Prozessverfahrens prüfen, inwiefern die Werkleistung abnahmefähig hergestellt wurde oder nicht. 

 

Der Auftraggeber kann die Abnahme der erbrachten Werkleistung nur dann verweigern, wenn „wesentliche“ Mängel vorhanden sind. Wegen „unwesentlicher Mängel“ kann der Auftraggeber demgegenüber die Abnahme nicht verweigern (§ 640 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. § 12 Abs. 3 VOB/B). 

 

 

§ 640 Abs. 1 Satz 2 BGB:

 

.... Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden.

 

 

§ 12 Abs. 3 VOB/B:

 

Wegen wesentlicher Mängel kann die Abnahme bis zur Beseitigung verweigert werden.

 

 

Die Abnahme bedeutet somit nicht, dass das Werk absolut vollständig und absolut mängelfrei erbracht ist, sondern eine Abnahme ist bereits dann zu erteilen, wenn die Werkleistung „im wesentlichen“ vertragsgemäß und mangelfrei hergestellt wurde und gerade keine „wesentlichen“ Mängel mehr bestehen. 

 

Unwesentlich ist dabei ein Mangel, wenn er an Bedeutung so weit zurücktritt, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Auftraggeber zumutbar ist, eine zügige Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses nicht länger aufzuhalten und deshalb nicht mehr auf den Vorteilen zu bestehen, die sich ihm vor vollzogener Abnahme bieten. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere Art, Umfang und Auswirkungen des Mangels sowie die besonderen Interessen des Auftraggebers an der vertragsgemäßen Leistung. 

 

Ist beispielsweise die Gebrauchsfähigkeit oder Funktionalität eines Bauwerkes fühlbar beeinträchtigt, so wird in der Regel der Mangel „wesentlich“ sein. Dies wird auch dann anzunehmen sein, wenn durch den Mangel eine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit von Menschen verursacht wird. 

 

 

Beispiel:

Schreiner S wird von Bauherr B mit der Neuverlegung eines Parkettbodens in seinem Einfamilienhaus beauftragt. Der gesamte Parkettboden wurde bereits von S vollständig und mängelfrei verlegt. Es fehlt lediglich eine Fußleiste, die noch nicht geliefert und befestigt wurde und eine Übergangsschiene zwischen Schlafzimmer und Badezimmer. Wegen dieser Mängel (fehlende Fußleiste und fehlender Übergangsschiene) kann Bauherr B die Abnahme nicht verweigern, da diese Restleistungen im Verhältnis zur Gesamtleistung nicht als „wesentlicher“ Mangel qualifiziert werden können. 

 

Beispiel:

Installateur I wird von Bauherr B mit der Neuinstallation einer Heizungsanlage beauftragt, wobei eine Gasheizung installiert wird. Bei mehreren Zuleitungen fehlen die erforderlichen Dichtungen, so dass die Gefahr besteht, dass Gas aus den Leitungen austreten kann. Hier dürfte B die Abnahme wegen eines „wesentlichen“ Mangels verweigern, obwohl die Restarbeiten vom Zeit- und Materialaufwand als nicht besonders umfangreich zu bewerten sind. Aufgrund der bestehenden erheblichen Sicherheitsrisiken, dürfte hier jedoch ein wesentlicher Mangel anzunehmen sein. 

 

 

Praxistipp

Sofern der Auftraggeber die Abnahme verweigert, kann dies das Prozessrisiko für den Auftragnehmer deutlich erhöhen. Klagt der Auftragnehmer nämlich seinen Werklohnanspruch ein unter Hinweis darauf, dass seine Werkleistung abnahmefähig hergestellt wurde, so hätte das Gericht zunächst – ggf. durch Sachverständigengutachten – zu klären, inwiefern tatsächlich die Werkleistung „ohne wesentliche Mängel“ und damit Abnahmefähig hergestellt wurde. Würde sich im Prozessverfahren herausstellen, dass tatsächlich wesentliche Mängel vorhanden sind und die Abnahme vom Auftraggeber berechtigter Weise verweigert würde, so würde nicht etwa der Werklohnanspruch abzüglich erforderlicher Nachbesserungskosten zugesprochen werden, sondern würde vollständig abgewiesen werden. Der Auftragnehmer hätte als Kläger in diesem Falle sämtliche Gerichts-, Anwalts- und Sachverständigenkosten zu tragen. 

Sofern die Werkleistung nämlich nicht abnahmefähig hergestellt wurde, ist der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers bereits nicht zur Zahlung fällig. 

 

 

Beispiel:

Installateur I hatte für die installierte Heizungsanlage im Ausgangsfalle eine Schlussrechnung über einen Betrag in Höhe von 30.000,00 € erteilt. Bauherr B hat die Abnahme unter Hinweis auf die sicherheitsrelevanten Mängel verweigert. Im anschließenden Prozessverfahren stellt der gerichtlich bestellte Sachverständige die Sicherheitsmängel fest und das erkennende Gericht geht davon aus, dass es sich um wesentliche Mängel handelt und die Abnahme berechtigter Weise verweigert wurde. Selbst wenn für die Nachbesserung dieser Mängel lediglich ein Kostenaufwand in Höhe von 500,00 € notwendig und erforderlich wäre, wird nicht etwa die Klage im Übrigen zugesprochen, sondern vielmehr wird die gesamte Klage des I über 30.000,00 € als „derzeit nicht fällig“ abgewiesen. I hätte sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten für das gesamte Prozessverfahren auf der Basis eines Streitwertes von 30.000,00 € zu zahlen. 

 

Beispiel:

Käme das Gericht – unter Beteiligung des Sachverständigen – demgegenüber zu der Auffassung, dass zwar Mängel mit einem Beseitigungsaufwand von 500,00 € bestünden, diese Mängel jedoch nicht als „wesentlich“ zu qualifizieren sind, so würde das Gericht von einer Abnahmefähigkeit und damit grundsätzlich einer Fälligkeit der Forderung ausgehen. Lediglich bezüglich der erforderlichen Nachbesserungskosten könnte der B ein Zurückbehaltungsrecht (mit Druckzuschlag 1.000,00 €) einbehalten. B würde daher zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 90.000,00 € sowie in Höhe von weiteren 1.000,00 € Zug um Zug gegen die Nachbesserungsarbeiten verurteilt. Die Kosten dieses Prozessverfahrens hätte fast vollständig der B zu zahlen, der lediglich bezüglich eines Teilbetrages von 1.000,00 € obsiegt hat und eine lediglich eine Verurteilung Zug um Zug erreichen konnte. 

 

 

Rechtswirkungen der Abnahme:

 

Fälligkeit der Werklohnforderung:

 

Die Abnahme ist zunächst Fälligkeitsvoraussetzung für den Schlusszahlungsanspruch des Auftragnehmers (§ 641 BGB). Wird die Abnahme berechtigter Weise verweigert, ist der Werklohnanspruch nicht fällig und die Klage wäre abzuweisen. 

 

 

§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB:

 

Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. 

 

 

Leistungsgefahr:

 

Erst mit der Abnahme geht die sogenannte „Leistungsgefahr“ auf den Auftraggeber über. Die Leistungsgefahr ist dabei das Risiko die Leistung erneut auf eigene Kosten erbringen zu müssen, wenn sie bis zur Abnahme ohne sein Verschulden untergegangen, gestohlen oder beschädigt ist. Bis zum Zeitpunkt der Abnahme, hat dieses Risiko der Auftragnehmer zu tragen und muss deshalb ggf. sein Werk vor Beschädigung, Diebstahl etc. schützen. 

 

 

§ 644 Abs. 1 Satz 1 BGB:

 

Der Unternehmer trägt die Gefahr bis zur Abnahme des Werkes. 

 

 

§ 12 Abs. 6 VOB/B:

 

Mit der Abnahme geht die Gefahr auf den Auftraggeber über, soweit er sie nicht schon nach § 7 trägt.

 

 

Beispiel:

Installateur I wird von Bauherr B mit der Installation einer neuen Heizungsanlage beauftragt. Nachdem I bereits den Heizkessel, die Rohrleitungen und die Heizkörper installiert hat, wird in das Bauvorhaben in der Nacht eingebrochen und sämtliche Heizkörper und noch nicht verbauten Materialien werden demontiert und entwendet. Da die Werkleistungen von B noch nicht abgenommen wurden, hat I alleine das diesbezügliche Risiko zu tragen und muss auf eigene Kosten die Materialien und Werkleistungen neu liefern und erbringen. 

 

Beispiel:

Schreiner S wird bei einem Neubau von Bauherr B beauftragt, Parkettboden zu verlegen. Nachdem der gesamte Parkettboden verlegt wurde, jedoch eine Abnahme noch nicht erfolgt ist, werden oberflächliche Beschädigungen des Parkettbodens festgestellt, die entweder auf Arbeiten des Trockenbauers, des Verputzers oder aber des Malers zurückzuführen sind. Es lässt sich nicht mehr ermitteln, welche Person ggf. diese Schäden verursacht hat. Auch in diesem Falle muss S kostenfrei nachbessern und ggf. den Holzboden in den betroffenen Teilbereichen auf eigene Kosten neu verlegen, da er – bis zur Abnahme – die Gefahr eines unverschuldeten Unterganges bzw. einer Beschädigung seiner Werkleistung zu tragen hat. 

 

 

Vergütungsgefahr:

 

Erst mit der Abnahme geht auch die sogenannte „Vergütungsgefahr“ auf den Auftraggeber über. Die Vergütungsgefahr bedeutet, dass der Auftragnehmer keine Vergütung beanspruchen kann, wenn das von ihm erstellte Werk vor der Abnahme durch einen nicht von dem Auftraggeber zu verantwortenden Umstand untergeht.

 

Allerdings sieht § 7 VOB/B dann eine Ausnahme und damit einen Anspruch des Auftragnehmers auf Vergütung der ausgeführten Leistungen nach § 6 Abs. 5 VOB/B vor, wenn die ganz oder teilweise ausgeführte Leistung vor der Abnahme durch höhere Gewalt, Krieg, Ausruhe oder andere objektiv unabwendbare vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände beschädigt oder zerstört wurde.

 

§ 7 Abs. 1 VOB/B:

 

Wird die ganz oder teilweise ausgeführte Leistung vor der Abnahme durch höhere Gewalt, Krieg, Aufruhr oder andere objektiv unabwendbare vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände beschädigt oder zerstört, so hat dieser für die ausgeführten Teile der Leistung die Ansprüche nach § 6 Absatz 5; für andere Schäden besteht keine gegenseitige Ersatzpflicht.

 

Ereignisse sind dabei im Sinne des § 7 Abs. 1 VOB/B „unabwendbar“, die nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass sie oder ihre Auswirkungen trotz Anwendung wirtschaftlich erträglicher Mittel durch die äußerste nach Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder in ihren Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können. 

 

 

Beispiel:

Generalunternehmer G wird von Bauherr B mit der Errichtung eines Einkaufszentrums in unmittelbarer Nähe zum Rhein beauftragt. Nach den Mitteilungen des zuständigen Amtes wird ein Hochwasser für die Zeit der Bauphase erwarten, wobei eine bestimmte Höhe von dem zuständigen Amt prognostiziert und angegeben wird. Generalunternehmer G nimmt insofern Schutzmaßnahmen vor, bei denen er sicherheitshalber bereits 50 cm höhere Schutzmaßnahmen veranlasst, als den Vorgaben und Prognosen des zuständigen Amtes entsprechend. Tatsächlich entwickelt sich jedoch ein Jahrhunderthochwasser, wobei das Hochwasser insgesamt noch einen Meter höher steigt, als Schutzvorrichtungen vorhanden. In diesem Falle dürfte von einem „unvorhersehbaren“ und „unabwendbaren“ Ereignis auszugehen sein. 

 

 

Schutzpflicht:

 

Bis zur Abnahme hat grundsätzlich der Auftragnehmer auch die Pflicht das Werk zu schützen. Dabei hat er die zum Schutz des Werkes erforderlichen Maßnahmen grundsätzlich auf eigene Kosten zu erbringen.

 

 

§ 4 Abs. 5 Satz 1 und 2 VOB/B:

 

Der Auftragnehmer hat die von ihm ausgeführten Leistungen und die ihm für die Ausführung übergebenen Gegenstände bis zur Abnahme vor Beschädigung und Diebstahl zu schützen. Auf Verlangen des Auftraggebers hat er sie vor Winterschäden und Grundwasser zu schützen, ferner Schnee und Eis zu beseitigen. 

 

 

Diese Verpflichtung zum Schutz des Gewerkes, wird der Auftragnehmer allerdings ohnehin im eigenen Interesse zu erfüllen haben, da er – wie ausgeführt – bis zum Zeitpunkt der Abnahme die Leistungs- und Vergütungsgefahr zu tragen hat. Schützt er sein Werk nicht ausreichend vor Beschädigung oder Diebstahl etc., so hätte er keinen Vergütungsanspruch und müsste die Werkleistung auf eigene Kosten erneut herstellen. 

 

 

Beweislastumkehr:

 

Eine ganz entscheidende Bedeutung kommt der Abnahme im Zusammenhang mit der Beweislast bezüglich des bestehenden Mangels zu. Bis zur Abnahme hat der Auftragnehmer nämlich grundsätzlich zu beweisen, dass die von ihm erbrachte Werkleistung vertragsgemäß und mängelfrei erbracht wurde. Will also der Auftragnehmer seiner Werklohnforderung gerichtlich geltend machen, obwohl der Auftraggeber die Abnahme verweigert hat, so muss der Auftragnehmer darlegen und beweisen, dass die von ihm erbrachte Werkleistung vertragsgemäß und mängelfrei und damit abnahmefähig hergestellt ist. 

 

Hat demgegenüber der Auftraggeber die Werkleistung des Auftragnehmers abgenommen, so hat er die Beweislast für behauptete Mängel zu tragen. Nach der Abnahme hat der Auftraggeber also im Prozessverfahren darzulegen und zu beweisen, dass bereits zum Zeitpunkt der Abnahme ein gewährleistungspflichtiger Mangel vorgelegen hat bzw. zumindest im Keim angelegt war. 

 

 

Beispiel:

Die von Installateur I gelieferte und montierte Heizungsanlage fällt 8 Monate nach der Abnahme und Inbetriebnahme der Heizungsanlage aus. Ein Sachverständiger stellt fest, dass die Steuerung defekt ist und erneuert werden muss. Ob die Steuerung bereits von Anfang an einen konstruktiven Mangel aufwies oder ein Überspannungsschaden beispielsweise durch einen Blitzschlag eingetreten ist, kann nicht mehr festgestellt werden. In diesem Falle kann Bauherr B nicht den von ihm zu führenden Beweis erbringen, dass bereits zum Zeitpunkt der Abnahme der Mangel vorhanden bzw. im Keim angelegt war. Aufgrund der erfolgten Abnahme hätte er jedoch die Beweislast zu tragen, die er vorliegend nicht erfüllen kann. B kann daher Gewährleistungsansprüche nicht mit Erfolg geltend machen. 

 

 

In der prozessualen Praxis stellt sich regelmäßig die Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für eine vermeintlich vertraglich vereinbarte Beschaffenheit bzw. vermeintlich übliche Beschaffenheit zu tragen hat. Dabei ist die vertragliche Vereinbarung der Parteien von entscheidender Bedeutung, weil eine Werkleistung immer dann mangelhaft ist, wenn sie nicht der vertraglichen Vereinbarung entspricht, die tatsächliche „Ist-Beschaffenheit“ also nicht der vertraglich vereinbarten „Soll-Beschaffenheit“ entspricht. 

 

 

Beispiel:

Bauherr B behauptet, dass bezüglich sämtlicher Fenster und Scheiben ein besonderer „Einbruchsschutz“ mit dem Fensterbauer F vereinbart worden sei, während sich F darauf beruft, dass solche Vereinbarungen nicht getroffen worden seien. 

 

Beispiel:

Bauherr B beruft sich darauf, dass eine bestimmte Farbe bezüglich der Dachziegel vereinbart worden sei und deshalb die von Dachdecker D gelieferten Dachziegel mangelhaft und nicht vertragsgemäß seien. 

 

 

Bezüglich solcher streitigen Beschaffenheitsvereinbarungen werden zunächst in der Praxis überwiegend die allgemeinen Beweislastregeln dahingehend angewendet, dass derjenige, der aus der von ihm behaupteten Beschaffenheitsvereinbarung Rechte ableiten will, die Beweislast hierfür zu tragen hat. 

 

Will danach der Auftragnehmer einen Vergütungsanspruch unter Hinweis darauf geltend machen, dass die von ihm erbrachten Werkleistungen vertragsgemäß und mangelfrei sind und die Abnahme vom Auftraggeber unberechtigter Weise verweigert wurde, so hätte er die Beweislast für die von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung zu tragen. 

 

 

Beispiel:

Will Dachdecker D seinen Werklohn bezüglich der erbrachten Arbeiten gerichtlich geltend machen, so müsste er darlegen und beweisen, dass die von ihm gelieferten und eingebauten Dachziegel bezüglich der Farbe der Vereinbarung der Parteien entsprechen. Kann er diesen Beweis nicht erbringen, so würde er im Prozessverfahren unterliegen und seine Klage würde abgewiesen. 

 

Will demgegenüber der Auftraggeber Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Auftragnehmer geltend machen, so würde er Rechte aus einer vermeintlich Verletzung der Beschaffenheitsvereinbarung geltend machen wollen und hätte insofern die Darlegungs- und Beweislast zu tragen. 

 

 

Beispiel:

Bemerkt Bauherr B erst nach der Abnahme, dass die Dachziegel in einer anderen Farbe ausgeführt wurden, als mündlich vereinbart, so müsste er im Prozessverfahren darlegen und beweisen, dass eine andere Farbe tatsächlich vereinbart wurde, als ausgeführt. Kann er diesen Beweis zur Überzeugung des Gerichtes nicht erbringen, so könnte er Gewährleistungsansprüche nicht mit Erfolg durchsetzen. 

 

 

Verjährung der Mängelansprüche:

 

Gemäß § 634 a Abs. 2 BGB beginnt mit der Abnahme die Verjährungsfrist für die Mängelansprüche zu laufen. 

 

 

§ 634 a Abs. 2 BGB:

 

Die Verjährung beginnt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 mit der Abnahme.

 

 

§ 13 Abs. 4 Nr. 3 VOB/B:

 

Die Frist beginnt mit der Abnahme der gesamten Leistung; nur für in sich abgeschlossene Teile der Leistung beginnt sie mit der Teilabnahme (§ 12 Absatz 2).

 

 

Beispiel:

Bauherr B hat die Werkleistungen von Generalunternehmer G am 01.06.2010 förmlich mit Abnahmeprotokoll abgenommen. Die 5-Jährige Gewährleistungsfrist beim BGB-Vertrag läuft danach am 01.01.2015 ab. Will B erfolgreich Gewährleistungsansprüche für solche Mängel geltend machen, die bereits zum Zeitpunkt der Abnahme nachweisbar vorhanden bzw. im Keim angelegt waren, müsste er spätestens bis zu diesem Zeitpunkt die Ansprüche gerichtlich geltend machen. 

 

Praxistipp:

Der Auftraggeber sollte daher stets die ablaufende Gewährleistungsfrist unter Berücksichtigung des konkreten Abnahmezeitpunktes im Blick behalten, um nicht mögliche Gewährleistungsansprüche zu verlieren. Ausreichend vor Ablauf der Gewährleistungsfrist sollte er die bestehenden Gewerke noch einmal dahingehend prüfen, inwiefern Mängel sich gezeigt haben, die auf eine bereits zum Zeitpunkt der Abnahme mangelhafte Werkleistung zurückzuführen sind. 

 

 

Rechtsfolgen vorbehaltsloser Abnahme:

 

Sofern der Auftraggeber ein mangelhaftes Werk abnimmt, obwohl er den Mangel kennt, so stehen ihm die Gewährleistungsansprüche nur dann zu, wenn er sich diese bei der Abnahme ausdrücklich vorbehält (§ 640 Abs. 2 BGB). 

 

 

§ 640 Abs. 3 BGB:

 

Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.

 

 

Beispiel:

Fliesenleger F hat im Badezimmer versehentlich eine andere Fliese eingebracht, als vertraglich vereinbart. Die tatsächlich ausgeführte Fliese ist von einem anderen Hersteller und farblich von der vereinbarten Fliese deutlich abweichend. Obwohl Bauherr B diese Abweichung positiv bekannt ist, unterzeichnet er das Abnahmeprotokoll, ohne sich bezüglich der vertragswidrigen Fliesen einen Gewährleistungsanspruch vorzubehalten. In diesem Falle kann B nicht zu einem späteren Zeitpunkt Gewährleistungsansprüche unter Hinweis darauf geltend machen, dass die Fliesen nicht vertragsgemäß ausgeführt wurden und mangelhaft sind. 

 

 

Die Beweislast dafür, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Abnahme dem Auftraggeber positiv bekannt war, hat der Auftragnehmer zu tragen. Er muss – beispielsweise durch Zeugen – den Beweis dafür erbringen, dass dem Auftraggeber zum Zeitpunkt der Mangel bekannt war. 

 

 

Beispiel:

Im Ausgangsfalle war bei der Abnahmebegehung – neben Bauherr B und Fliesenleger F – auch der bei F angestellte Fliesenleger X anwesend, der als Zeuge bestätigen kann, dass bei der Begehung des Badezimmers ausdrücklich über die geänderten Fliesen und die geänderte Farbe gesprochen wurde. Durch Benennung des Zeugen X und dessen Vernehmung könnte daher F den Beweis erbringen, dass B der Mangel der Fliesen (anderes Modell und andere Farbe) positiv bekannt war. 

 

 

Formen der Abnahme:

 

Bei der Abnahme werden nachfolgende Formen der Abnahme unterschieden: 

  • ausdrückliche Abnahme
  • konkludente Abnahme
  • förmliche Abnahme
  • fiktive Abnahme

 

Ausdrückliche Abnahme:

 

Bei der Abnahme handelt es sich – wie ausgeführt – um die körperliche Entgegennahme des Gewerkes verbunden mit der Billigung des Gewerkes durch den Auftraggeber als im Wesentlichen vertragsgemäß und mangelfrei hergestellt.

 

Von einer „ausdrücklichen Abnahme“ kann dann ausgegangen werden, wenn der Auftraggeber eine ausdrückliche Erklärung dahingehend abgibt, dass er die Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgerecht akzeptiert und anerkennt. Diese Erklärung kann dabei schriftlich, mündlich oder in anderer Form angegeben werden. 

 

 

Beispiel:

Fliesenleger F verlegt im Auftrage von Bauherr B neue Bodenfliesen im Badezimmer von B. Nachdem F die Arbeiten fertiggestellt hat, werden diese von B in Augenschein genommen, der anschließend erklärt: „Sehr gut gemacht! Entspricht genau meinen Vorstellungen! Danke!“

 

 

Konkludente Abnahme:

 

Die Abnahme kann jedoch nicht nur durch ausdrückliche Erklärung, sondern auch konkludent durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Eine solche konkludente Abnahme liegt dann vor, wenn dem Verhalten des Auftraggebers zu entnehmen ist, dass er die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß billigt.

 

Als solche konkludente Abnahme wird beispielsweise der vorbehaltlose Bezug des Bauwerkes durch den Auftraggeber angesehen. Durch den Einzug in das Objekt dokumentiert nämlich der Auftraggeber konkludent, dass er die erbrachten Werkleistungen als im Wesentlichen mangelfrei billigt. Allerdings wird dem Auftraggeber eine „angemessene Prüfungsfrist“ zugebilligt, die von den Umständen des Einzelfalles abhängig ist. 

 

Allerdings wird eine konkludente Abnahme durch Einzug in das Objekt dann nicht angenommen, wenn der Einzug nur unter dem „Zwang der Verhältnisse“ erfolgt, beispielsweise weil der Auftraggeber seine bisherige Wohnung bzw. sein bisheriges Betriebsgebäude räumen musste. 

 

Auch die vorbehaltlose Zahlung der Vergütung kann als konkludente Abnahme angesehen werden, sofern sich nicht aus den Umständen (beispielsweise der Rüge wesentlicher Mängel) etwas anderes ergibt.

 

Zahlt der Auftraggeber den vollen Sicherheitseinbehalt an den Auftragnehmer aus, kann dies ebenfalls eine konkludente Abnahme darstellen.

 

 

Förmliche Abnahme:

 

Gemäß § 12 VOB/B kann jede Partei die förmliche Abnahme verlangen. Sofern eine Partei die förmliche Abnahme verlangt, ist zwingend eine förmliche Abnahme entsprechend dem in § 12 Abs. 4 VOB/B vorgesehenen Verfahren durchzuführen. Danach ist über die Abnahme gem. § 12 Abs. 4 VOB/B ein Protokoll zu erstellen. Dabei sollte in dem Abnahmeprotokoll explizit festgehalten und erklärt werden, inwiefern die Abnahme von dem Auftraggeber erklärt oder verweigert wird. 

 

Darüber hinaus sind – sofern vorhanden – mögliche Mängel im Protokoll festzuhalten. Will der Auftraggeber – trotz vorhandener Mängel – die Werkleistung abnehmen, so ist im Protokoll aufzunehmen, dass die Abnahme unter Vorbehalt der Rechte im Hinblick auf die festgehaltenen Mängel erklärt wird. 

 

 

§ 12 Abs. 4 VOB/B:

 

1. Eine förmliche Abnahme hat stattzufinden, wenn eine Vertragspartei es verlangt. Jede Partei kann auf ihre Kosten einen Sachverständigen zuziehen. Der Befund ist in gemeinsamer Verhandlung schriftlich niederzulegen. In die Niederschrift sind etwaige Vorbehalte wegen bekannter Mängel und wegen Vertragsstrafen aufzunehmen, ebenso etwaige Einwendungen des Auftragnehmers. 5Jede Partei erhält eine Ausfertigung.

 

2. Die förmliche Abnahme kann in Abwesenheit des Auftragnehmers stattfinden, wenn der Termin vereinbart war oder der Auftraggeber mit genügender Frist dazu eingeladen hatte. Das Ergebnis der Abnahme ist dem Auftragnehmer alsbald mitzuteilen.

 

 

Fiktive Abnahme:

 

Fristsetzung zur Abnahme (§ 640 Abs. 1 Satz 3 BGB):

 

Gemäß § 640 Abs. 2 BGB gilt ein Werk dann als abgenommen, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes § 640 Abs. 2 Satz 1 BGB nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen.

 

 

§ 6340 Abs. 2 BGB:

 

Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen.

 

Welche Frist dabei als „angemessen“ zu qualifizieren ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Als Anhaltspunkt wird dabei auf § 12 Abs. 1 VOB/B verwiesen, wonach die erbrachte Werkleistung innerhalb von 12 Werktagen abzunehmen ist.

 

 

Fertigstellungsmitteilung (§ 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B):

 

Gemäß § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B gilt beim VOB-Vertrag die Werkleistung auch mit Ablauf von 12 Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung als abgenommen, sofern keine Abnahme verlangt wird. 

 

Die 12 Werktage entsprechen dabei – ausgehend von 6 Werktagen je Woche – einer Frist von insgesamt 2 Wochen. 

 

 

§  12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B:

 

Wird keine Abnahme verlangt, so gilt die Leistung als abgenommen mit Ablauf von 12 Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung.

 

 

Anerkanntermaßen gilt das Übersenden der Schlussrechnung als „Mitteilung über die Fertigstellung“.

 

 

Beispiel:

Dachdecker D hat seine Werkleistungen abnahmefähig fertiggestellt und übersendet am 01.06.2020 seine Schlussrechnung an Bauherr B, bei dem die Schlussrechnung nachweisbar am 03.06.2020 eingeht. Wird nunmehr von B keine Abnahme der Werkleistung verlangt, gilt die Werkleistung mit Ablauf von 12 Werktagen, mithin am 18.06.2020 als abgenommen. 

 

 

Inbenutzungnahme (§ 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B):

 

Gemäß § 12 Abs. 1 VOB/B gilt beim VOB-Vertrag die Abnahme auch nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, sofern keine Abnahme verlangt wird und der Auftraggeber die Leistung oder einen Teil der Leistung in Benutzung genommen hat. 

 

 

§ 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B:

 

Wird keine Abnahme verlangt und hat der Auftraggeber die Leistung oder einen Teil der Leistung in Benutzung genommen, so gilt die Abnahme nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist. 2Die Benutzung von Teilen einer baulichen Anlage zur Weiterführung der Arbeiten gilt nicht als Abnahme.

 

 

Beispiel:

Bauherr B bezieht am 01.06.2020 das von Generalunternehmer G fertiggestellte Objekt. Mit Ablauf von 6 Werktagen, mithin mit Ablauf des 08.06.2020, gilt die Werkleistung als abgenommen. 

 

 

Will der Auftraggeber diese Abnahmefiktion vermeiden, so hat er entweder ausdrücklich eine Abnahme zu verlangen, oder aber die Abnahme ausdrücklich zu verweigern.