Verjährung von Gewährleistungsansprüchen:

 

Gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B verjähren Mängelansprüche bei „Bauwerken“ innerhalb von 4 Jahren, wobei die Frist gem. § 13 Abs. 4 Nr. 3 VOB/B mit der Abnahme der Leistung zu laufen beginnt. Andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache besteht, und für die vom Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen 2 Jahre. Die Verjährungsfrist für feuerberührte und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsanlagen beträgt beim VOB-Vertrag 1 Jahr.

 

 

§ 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B:

 

1.

Ist für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart, so beträgt sie für Bauwerke 4 Jahre, ......

....

3.

Die Frist beginnt mit der Abnahme der gesamten Leistung; nur für in sich abgeschlossene Teile der Leistung beginnt sie mit der Teilabnahme (§ 12 Absatz 2). 

 

 

Beim BGB-Vertrag sieht § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB bei „Bauwerken“ eine Verjährungsfrist von 5 Jahren vor, die ebenfalls gem. § 634a Abs. 2 BGB mit der Abnahme beginnt. 

 

 

§ 634a Abs. 1 BGB:

 

Die in § 634 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Ansprüche verjähren

 

1.

.......

 

2.

in fünf Jahren bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, und

 

3.

.....

 

 

 

§ 634a Abs. 2 BGB:

 

Die Verjährung beginnt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 mit der Abnahme.

 

 

Bauwerk:

 

Zu den Werkleistungen eines „Bauwerkes“ gehören dabei alle Arbeiten zur Herstellung eines neues Gebäudes. Entscheidend kommt es dabei auf eine „feste Verbindung mit dem Grundstück“ an.

 

Bei Instandsetzung- oder Instandhaltungsmaßnahmen können ebenfalls Arbeiten an einem „Bauwerk“ vorliegen, sofern diese Arbeiten „für die Erneuerung und den Bestand eines bestehenden Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind“ und eine „feste Verbindung mit dem Gebäude“ vorliegt. Entscheidend ist dabei im Einzelfall, inwiefern „unter Einsatz nicht unerheblicher finanzieller Mittel ein Bauwerk durch eine dessen Substanz schützende und erhaltende Renovierung“ wieder hergestellt wird, „die nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten durchaus vergleichbar sind“.

 

 

Beispiel:

 Bauherr B beauftragt Maler M seine Holzfenster neu zu streichen. Nach drei Jahren blättert die Farbe teilweise ab und Bauherr B macht Gewährleistungsansprüche geltend. Diese Gewährleistungsansprüche sind jedoch verjährt, da es sich bei diesen Renovierungsarbeiten nicht um Arbeiten am „Bauwerk“ handelt, so dass nur eine Gewährleistungsfrist von 2 Jahren gegeben ist. 

 

Beispiel:

 Bauherr B lässt die gesamte Elektroninstallation seines Geschäftshauses durch Installateur I erneuern. Hierbei handelt es sich um Arbeiten am „Bauwerk“, so dass eine Gewährleistungsfrist von 4 Jahren (VOB-Vertrag) bzw. 5 Jahren (BGB-Vertrag) läuft. 

 

Beispiel:

 Bauherr B lässt von Parkettleger P einen Laminatboden schwimmend verlegen, der mit einem „Click-System“ verlegt wird. Nach 3 Jahren zeigen sich Ablösungen im Bereich der Oberfläche. Hier dürfte keine Werkleistung am „Bauwerk“ und damit keine Verjährungsfrist von 4 Jahren bzw. 5 Jahren vorliegen, des es an einer „festen Verbindung zum Gebäude“ fehlt. Der Laminatboden wird nämlich lediglich schwimmend verlegt und ist über das Click-System jederzeit wieder demontierbar. 

 

Beispiel:

 Bauherr B lässt auf seinem Gebäude eine Photovoltaikanlage installieren, deren Strom er jedoch nicht für das Gebäude nutzt, sondern einspeist und veräußert. Hierbei handelt es sich nach einer Entscheidung des BGH vom … nicht um eine Werkleistung am „Bauwerk“, so dass nur eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Abnahme läuft. 

 

 

Feuerberührte und abgasgedämmte Teile von industriellen Feuerungsanlagen:

 

Beim VOB-Vertrag sieht § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B eine Verjährungsfrist von lediglich 2 Jahren bei "vom Feuer berühren Teilen von Feuerungsanlagen" und sogar nur 1 Jahr für feuerberührte und abgasgedämmte Teile von industriellen Feuerungsanlagen“ vor. 

 

 

§ 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B:

 

Ist für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart, so beträgt sie ....für die vom Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen 2 Jahre. Abweichend von Satz 1 beträgt die Verjährungsfrist für feuerberührte und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsanlagen 1 Jahr.

 

 

Maschinelle und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen:

 

Für Teile von maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen, bei denen die Wartung Einfluss auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, sieht § 13 Abs. 4 Nr. 2 VOB/B eine Gewährleistungsfrist von lediglich 2 Jahren für den Fall vor, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist nicht übertragen hat. 

 

 

§ 13 Abs. 4 Nr. 2 VOB/B:

 

Ist für Teile von maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen, bei denen die Wartung Einfluss auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, nichts anderes vereinbart, beträgt für diese Anlagenteile die Verjährungsfrist für Mängelansprüche abweichend von Nummer 1 zwei Jahre, wenn der Auftraggeber sich dafür entschieden hat, dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist nicht zu übertragen; dies gilt auch, wenn für weitere Leistungen eine andere Verjährungsfrist vereinbart ist.

 

 

Beispiel:

Bauherr B beauftragt im Rahmen eines VOB-Vertrages Installateur I ihm eine Hebeanlage in dessen Gewerbeobjekt einzubauen. Mit der Wartung wird I von B nicht beauftragt. In diesem Falle beträgt gem. § 13 Abs. 4 Nr. 2 VOB/B die Gewährleistungsfrist für die Hebeanlage nur 2 Jahre, da es sich um eine „maschinelle bzw. elektrotechnische/elektronische Anlage“ handelt, bei der die Wartung Einfluss auf die Funktionsfähigkeit hat. 

 

Beispiel:

Hätte Bauherr B Installateur I zusätzlich auf mit der Wartung innerhalb der Gewährleistungsfrist beauftragt, so wäre bezüglich des ursprünglichen Werkvertrages eine Gewährleistungsfrist von 4 Jahren, beginnend mit der Abnahme – gegeben. Würde sich also ein gewährleistungspflichtiger Mangel nach 3,5 Jahren zeigen, der bereits zum Zeitpunkt der Abnahme vorhanden bzw. im Keim nachweisbar angelegt war, könnte B entsprechende Gewährleistungsansprüche geltend machen. Wäre ein Wartungsvertrag nicht geschlossen worden, wären Gewährleistungsansprüche verjährt. 

 

 

Verlängerung der Verjährungsfrist durch schriftliche Mängelrüge:

 

Beim VOB-Vertrag enthält § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B eine weitere Sonderregelung dahingehend, dass durch das schriftliche Verlangen der Mangelbeseitigung eine neue Verjährungsfrist von 2 Jahren zu laufen beginnt. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt danach in zwei Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Zuganges des schriftlichen Mangelbeseitigungsverlangens, jedoch nicht vor Ablauf der Regel-Verjährungsfrist. 

 

 

§ 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B:

 

..... .Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Absatz 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist. Nach Abnahme der Mängelbeseitigungsleistung beginnt für diese Leistung eine Verjährungsfrist von 2 Jahren neu, die jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Absatz 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist endet.

 

 

Beispiel:

Bauherr B beauftragt Dachdecker D mit der Eindeckung seines Daches unter Verwendung von Dachschiefer. Nach 3,5 Jahren zeigen sich Schäden im Bereich der Dachziegel, die auf einen Materialfehler nachweisbar zurückzuführen sind. Bauherr B fordert Dachdecker D schriftlich zur Nachbesserung auf. Durch dieses schriftliche Nachbesserungsverlangen wird eine neue Frist von 2 Jahren in Gang gesetzt, so dass der schriftlich gerügte Mangel nach insgesamt 5,5 Jahren (3,5 Jahre + 2 Jahre) verjährt. 

 

Beispiel:

Hätte Bauherr B den Mangel im Ausgangsfalle bereits nach 6 Monaten festgestellt und schriftlich gerügt, so wäre der Mangel verjährt 4 Jahre nach der Abnahme. Eine Verlängerung der Verjährungsfrist wäre daher durch das schriftliche Mangelbeseitigungsverlangen nicht eingetreten, da die Regel-Verjährungsfrist (4 Jahre) länger läuft, als die 2-Jahres-Frist nach Zugang des Mangelbeseitigungsverlangens. 

 

Beispiel:

Dachdecker D hat die Abdichtung der Terrasse bei Bauherr B nicht fachgerecht, entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik ausgeführt, so dass eine umfangreiche Nachbesserung erforderlich ist. Bauherr B hat ein Privatgutachten eingeholt, welches voraussichtliche Nachbesserungskosten in Höhe von 10.000,00 € vorsieht. Danach ist es erforderlich, zunächst den gesamten Terrassenbelag nebst Splitt von der Abdichtung zu entfernen und zu lagern, um anschließend die darunter befindliche Abdichtung nachbessern zu können. Nach Ausführung der Nachbesserung wären der Splitt und die Terrassenplatten wieder fachgerecht einzubringen und zu verlegen. Für die eigentliche Nachbesserung der Abdichtung sind Kosten in Höhe von 5.000,00 € erforderlich. Die weiteren 5.000,00 € fallen für das Zurückbauen des Terrassenbelages und die anschließende Wiederverlegung an. In diesem Falle kann Bauherr B einen Kostenvorschuss in Höhe von 10.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer als Kostenvorschuss gegenüber D geltend machen, da auch die Vor- und Nebenarbeiten (Rückbau und Wiederherstellung der Terrasse) vom Kostenvorschussanspruch umfasst sind. Gleiches gilt für die Mehrwertsteuer, da der private Bauherr B nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Insgesamt kann B daher ggf. gerichtlich einen Kostenvoranspruch in Höhe von 11.900,00 € geltend machen. Dabei genügt im Prozessverfahren die Vorlage des Privatgutachtens, um die Höhe des Schadens schlüssig vorzutragen. 

 

 

Beachte:

Nur die erste schriftliche Mängelrüge führt zu einer neuen Verjährungsfrist von 2 Jahren und kann eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist bewirken. Eine weitere schriftliche Mängelrüge hat keine Auswirkungen auf die Verjährungsfrist mehr.

 

 

Beispiel:

Bauherr B hat im Ausgangsfalle nach 6 Monaten den Mangel der Dacheindeckung (Schiefer) gerügt und zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist (4 Jahre) rügt Bauherr B erneut schriftlich den Mangel und fordert zur Mangelbeseitigung auf. In diesem Falle läuft die Gewährleistungsfrist nach 4 Jahren ab. Das zweite Mangelbeseitigungsverlangen führt nicht mehr zu einer neuen Gewährleistungsfrist von 2 Jahren und verlängert damit nicht die Gewährleistungsfrist von 4 Jahren. 

 

 

Beachte:

In der Praxis ist daher zwingend zu prüfen, inwiefern bereits zu einem früheren Zeitpunkt schriftlich ein Mängelbeseitigungsverlangen vorgenommen wurde. Sofern Zweifel bestehen, sollten vor Ablauf der Regel-Verjährungsfrist verjährungsunterbrechende Maßnahmen beispielsweise durch Klageerhebung, Antrag auf Mahnbescheid bzw. Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens erfolgen. 

 

Beachte:

Nur eine „schriftliche“ Mängelbeseitigungsaufforderung führt zu einer Verlängerung bzw. neuen Gewährleistungsfrist von 2 Jahren. Eine E-Mail soll dabei nicht den Anforderungen an eine „Schriftform“ genügen und deshalb keine neue Verjährungsfrist in Gang setzen. Auch eine Fax-Mitteilung gilt generell nicht als „Schriftform“. Insofern ist ein Schreiben mit Unterschrift zwingend notwendig und erforderlich, um eine neue Frist in Gang zu setzen, wobei der Zugang dieses Schreibens beweisbar sichergestellt werden muss. 

 

Sofern der Auftragnehmer Mängelbeseitigungsarbeiten ausgeführt hat, beginnt für diese Leistung nach der Abnahme eine neue Verjährungsfrist von 2 Jahren, die jedoch ebenfalls nicht vor Ablauf der Regel-Verjährungsfrist endet.

 

 

§ 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B:

 

....... Nach Abnahme der Mängelbeseitigungsleistung beginnt für diese Leistung eine Verjährungsfrist von 2 Jahren neu, die jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Absatz 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist endet.

 

 

Beispiel:

 Dachdecker D wurde 3,5 Jahre nach der Abnahme zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Nach entsprechenden Verhandlungen über die ausführenden Nachbesserungsarbeiten, führt D die Arbeiten 5 Jahre nach der ursprünglichen Abnahme aus. Ein weiteres Jahr später treten die ursprünglich gerügten Mängel erneut auf, woraufhin B Gewährleistungsansprüche geltend macht. D kann sich nicht darauf berufen, dass inzwischen 6 Jahre vergangen seien und die Gewährleistungsansprüche verjährt sind. Vielmehr läuft nach der Abnahme der Mängelbeseitigungsleistungen für diese Leistungen eine neue Gewährleistungsfrist von 2 Jahren. 

 

Beispiel:

 Hätte Dachdecker D bereits nach einem Jahr – gerechnet ab dem Zeitpunkt der Abnahme –Nachbesserungsarbeiten ausgeführt, so würde zwar eine Gewährleistungsfrist von 2 Jahren auf diese nachgebesserten Werkleistungen laufen, diese würde jedoch vor Ablauf der regulären Gewährleistungsfrist von 4 Jahren enden. Somit wäre in diesem Falle die 4-jährige Gewährleistungsfrist maßgeblich. 

 

 

Beachte:

Durch die Ausführung von Nachbesserungsarbeiten wird nur bezüglich dieser konkret ausgeführten Nachbesserungsarbeiten eine neue Gewährleistungsfrist von 2 Jahren begründet. Keinesfalls begründet die Ausführung von Gewährleistungsarbeiten eine neue Gewährleistungsfrist auf sämtliche Werkleistungen des Auftragnehmers. 

 

Sofern der Auftragnehmer Nachbesserungsarbeiten ausgeführt hat und auf diese nachgebesserten Werkleistungen eine neue Frist von 2 Jahren läuft, kann der Auftraggeber durch schriftliche Mängelrüge erneut eine 2-jährige Verlängerung der Gewährleistungsfrist bewirken.

 

 

Beispiel:

 Bauherr B rügt nach 3,5 Jahren schriftlich einen Mangel der Schiefereindeckung. Hierdurch wird eine neue Verjährungsfrist von 2 Jahren – mit Zugang der schriftlichen Mängelrüge – in Gang gesetzt. Kurz vor Ablauf dieser 2-jährigen neuen Gewährleistungsfrist führt Dachdecker D die Mängelbeseitigungsarbeiten aus. Nach Abnahme dieser Mängelbeseitigungsarbeiten beginnt eine neue Frist von 2 Jahren zu laufen. Innerhalb dieser neuen Gewährleistungsfrist von 2 Jahren rügt B kurz vor Ablauf dieser Frist schriftlich erneut einen Mangel. Durch diese schriftliche Rüge wird erneut eine 2-jährige Gewährleistungsfrist in Gang gesetzt. 

 

Im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Mängeln und den entsprechenden Hemmungen oder dem Neubeginn einer Verjährung, ist die sogenannte „Symptom-Theorie“ des BGH zu berücksichtigen. Danach genügt es für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen aus, wenn der Auftraggeber die „Mangelerscheinung“ hinreichend beschreibt und geltend macht. Die Wirkungen dieser Mängelrüge beziehen sich dann auf den der Mangelerscheinung zu Grunde liegenden Mangel und beschränkt sich nicht auf die vom Auftraggeber bezeichneten oder vermuteten Ursachen bzw. die vom Auftraggeber angegebene Stelle.

 

 

Beispiel:

 Bauherr B macht beim VOB-Vertrag 3,5 Jahre nach der Abnahme geltend, dass im Keller des Objektes ein Feuchtigkeitsschaden vorhanden ist, wobei er davon ausgeht, dass die vertikale Außenabdichtung des Kellers nicht fachgerecht vorgenommen wurde. Er fordert schriftlich zur Nachbesserung auf. Bei einer Überprüfung wird jedoch festgestellt, dass der Feuchtigkeitsschaden nicht auf eine Mangelhaftigkeit der vertikalen Außenabdichtung zurückzuführen ist, sondern auf eine Undichtigkeit einer Abwasserleitung, die im entsprechenden Bereich von dem Auftragnehmer verlegt wurde. Durch die Geltendmachung des Mangelsymptoms (Feuchtigkeitsschaden) hat Bauherr B den Mangel ausreichend schriftlich geltend gemacht, so dass auch bezüglich dieses Mangels (obwohl Bauherr B die Ursache nicht kannte bzw. falsch eingeschätzt hat) eine neue Frist durch die schriftliche Mängelrüge zu laufen begonnen hat. 

 

 

Praxistipp

Im Hinblick auf die „Symptom-Theorie“ des BGH empfiehlt es sich, für die Auftraggeberseite jeweils die Mangelerscheinung und damit das Symptom des Mangels genau zu beschreiben und gegenüber den Auftragnehmern geltend zu machen, die für einen entsprechenden Mangel verantwortlich sein könnten. Dabei sollte der Mangel nach konkreter Position und konkreter Erscheinung im Detail beschrieben und es sollte zur entsprechenden Nachbesserung aufgefordert werden. Ist zweifelhaft, worauf die Mangelerscheinung zurückzuführen ist und kommen mehrere Auftragnehmer mit unterschiedlichen Gewerken in Betracht, so wäre eine Mängelaufforderung bzw. Fristsetzung zur Nachbesserung gegenüber sämtlichen in Betracht kommenden Auftragnehmern zu empfehlen. Eine schriftliche Mängelrüge verlängert nämlich nur gegenüber demjenigen Auftragnehmer die Gewährleistungsfrist, gegenüber dem eine schriftliche Mängelrüge erteilt wird. 

 

 

Beispiel:

Ist Bauherr B im vorherigen Ausgangsfalle davon ausgegangen, dass der Feuchtigkeitsschaden auf eine fehlerhafte Außenabdichtung zurückzuführen ist und hätte deshalb nur gegenüber Rohbauer R eine schriftliche Mängelrüge kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist erhoben, so wären mögliche Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Installateur bereits abgelaufen, demgegenüber eine schriftliche Mängelrüge nicht erhoben wurde und auf dessen mangelhafte Werkleistung schlussendlich der Wasserschaden tatsächlich zurückzuführen war. 

 

 

Beachte:

Alle Hemmungs- oder Neubeginntatbestände beziehen sich nur auf die Ansprüche, die Gegenstand des entsprechenden Hemmungs- oder Neubeginntatbestandes sind. Die Ansprüche können daher wegen jedes einzelnen Mangels unterschiedlich verjähren. 

 

 

Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen:

 

Eine Hemmung der Verjährung kommt im Baurecht insbesondere durch Verhandlungen gemäß § 203 BGB in Betracht. Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert (§ 203 Satz 1 BGB). 

 

 

§ 203 BGB:

 

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

 

 

Der Begriff des „Verhandelns“ wird dabei weit ausgelegt, so dass es genügt, dass der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber den Eindruck erweckt, als würde er den Mangel prüfen bzw. sich um seine Beseitigung bemühen.

 

Nicht erforderlich ist, dass eine Vergleichsbereitschaft oder eine „Bereitschaft zum Entgegenkommen“ signalisiert wird. Es genügt vielmehr „jeder Meinungsaustausch zwischen dem Berechtigten und dem verpflichteten über den Anspruch, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird.

 

 

Beispiel:

Kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist meldet sich Bauherr B telefonisch bei dem Auftragnehmer und fordert diesen zur Nachbesserung des Außenputzes im Hinblick auf entstandene Risse auf. Der Auftragnehmer erklärt daraufhin, dass er sich erst einmal die Risse ansehen und diese prüfen müsste, bevor er dazu eine Stellungnahme abgeben könne. Nachdem der Auftragnehmer anschließend die Risse besichtigt hat, lehnt er eine Gewährleistung unter Hinweis darauf ab, dass diese nicht auf eine mangelhafte Werkleistung zurückzuführen sei. In diesem Falle hätten zwischen den Parteien „Verhandlungen“ bestanden, weswegen die Verjährungsfrist für die Dauer der Verhandlung gehemmt war. Alleine die Bereitschaft den Mangel zu prüfen, begründet eine entsprechende Verhandlung. 

 

Beispiel:

Hätte der Auftragnehmer im Ausgangsfalle sofort im Telefonat die Gewährleistungsansprüche zurückgewiesen, und hätte ernsthaft und endgültig eine Nachbesserung verweigert, so hätten zwischen den Parteien „Verhandlungen“ nicht bestanden. Bauherr B hätte in diesem Falle noch vor Ablauf der Gewährleistungsfrist verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreifen müssen. Das bloße Geltendmachen von Gewährleistungsansprüchen begründet nämlich keine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung. Dies gilt nur beim VOB-Vertrag für den Fall einer erstmaligen schriftlichen Mängelrüge gegenüber dem Auftragnehmer. 

 

Die Hemmung durch Verhandlungen endet zu dem Zeitpunkt, zu dem einer der Vertragsparteien die Fortsetzung der Verhandlung verweigert.

 

 

Beispiel:

 Bauherr B zeigt am 01.06.2015 einen Mangel gegenüber Auftragnehmer X an. Daraufhin prüft X am 15.06.2015 den Mangel und erklärt am 25.06.2015, dass er die Gewährleistungsansprüche endgültig zurückweist und ablehnt. In diesem Falle hätten Verhandlungen der Parteien bestanden vom 01.06.2015 bis zum 25.06.2015. Die Hemmung wirkt nämlich zurück auf den Zeitpunkt der Mängelrüge, sofern anschließend zwischen den Parteien Verhandlungen geführt werden. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt an, in dem der Auftragnehmer seine Bereitschaft zur Verhandlung erkennen lässt.

 

 

Problematisch ist die Bestimmung des Endes der Verhandlungen dann, wenn keine endgültige Ablehnung der Fortsetzung der Verhandlungen vorliegt, sondern vielmehr die Verhandlungen „einschlafen“. In diesem Falle kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem – nach Treu und Glauben – der nächste Schritt zu erwarten gewesen wäre.

 

 

Beispiel:

Bauherr B hat im Ausgangsfalle am 01.06.2015 einen Mangel gegenüber dem Auftragnehmer gerügt. Dieser hat den Mangel – gemeinsam mit B – am 15.06.2015 besichtigt und angekündigt, er werde sich bei B melden. Eine Rückmeldung vom Auftragnehmer erfolgt jedoch nicht. Fraglich ist, wann B nach Treu und Glauben mit dem nächsten Schritt von X hätte rechnen können. Hier dürfte von einer Rückmeldung des Auftragnehmers innerhalb von ca. 14 Tagen auszugehen sein, sodass nach Ablauf dieses Zeitraumes die Verhandlungen als beendet anzusehen sind, sofern sich X nicht bei B meldet. 

 

Beispiel:

Anlässlich eines Ortstermins am 01.11.2015 setzen Bauherr B und Rohbauer R Gipsmarken an den Rissen, um gemeinsam abzuwarten, inwiefern sich über den Winter die Risse vergrößern/verändern bzw. Setzungen abgeschlossen sind. Meldet sich Rohbauer R auch im Frühjahr 2016 nicht bei B, so ist fraglich, wann die Verhandlungen der Parteien als beendet anzusehen sind. Nach Treu und Glauben wäre hier eine Rückmeldung von R nicht vor dem Frühjahr 2016 zu erwarten gewesen, so dass wohl von einem Ende der Verhandlungen erst im Mai 2016 anzunehmen ist. 

 

 

Beachte:

Bezüglich der Beweislast hat der Schuldner darzulegen und zu beweisen, dass der geltend gemachte Anspruch des Gläubigers verjährt ist. Er muss daher alle Voraussetzungen für den Beginn der Verjährung darlegen und beweisen. Im Falle von Gewährleistungsansprüchen müsste also insbesondere der Auftragnehmer, der sich auf Verjährung berufen will, die Abnahme und damit den Beginn der Verjährungsfrist darlegen und beweisen. Demgegenüber hat der Gläubiger, der sich auf eine Verjährungsverlängerung durch Hemmung oder Neubeginn berufen will, hierfür die Darlegungs- und Beweislast zu tragen. Will sich also beispielsweise der Auftraggeber darauf berufen, dass durch geführte Verhandlungen die Verjährung seiner Gewährleistungsansprüche gehemmt war, müsste er darlegen und beweisen, dass entsprechende Verhandlungen geführt wurden. Gleiches gilt für den Fall, dass sich der Auftraggeber beim VOB-Vertrag auf eine Verjährungsverlängerung durch schriftliche Mängelrüge berufen will. In diesem Falle müsste er darlegen und beweisen, dass er schriftlich den entsprechenden Mangel gerügt hat und dieses schriftliche Mängelbeseitigungsverlangen dem Auftragnehmer zugegangen ist. Schließlich hat der Schuldner wieder die Darlegungs- und Beweislast dafür zu tragen, dass eine Beendigung der Hemmung eingetreten ist. Will sich also der Auftragnehmer nach geführten Verhandlungen darauf berufen, dass die Hemmung durch seine endgültige Ablehnung beendet wurde, bzw. die Verhandlungen eingeschlafen und dadurch beendet wurden, so hätte er hierfür die Darlegungs- und Beweislast zu tragen.

 

 

 

 

 

Hemmung der Verjährung durch Klage, Mahnbescheid bzw. Streitverkündung:

 

Auch durch die Zustellung einer Klage bzw. eines Mahnbescheides bzw. einer Streitverkündung wird gemäß § 204 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 bzw. Nr. 6 BGB die Verjährung gehemmt. Dabei kommt eine hemmende Wirkung auch der Streitverkündung im selbstständigen Beweisverfahren zu. 

 

 

§ 204 BGB:

 

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

 

1.

die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, ....

......

 

3.

die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren ......

....

6.

die Zustellung der Streitverkündung,

 

 

Sofern der Auftraggeber eine Vorschussklage erhebt, wird hierdurch auch die Verjährung bezüglich der nicht eingeklagten Beträge gehemmt.

 

 

Beispiel:

 Bauherr B hat im Hinblick auf eine mangelhafte Außenabdichtung des Kellers eine Vorschussklage auf 30.000,00 € erhoben. Nach obsiegendem Urteil lässt Bauherr B die Nachbesserungsarbeiten unter Verwendung des Vorschusses ausführen, wobei die tatsächlichen Nachbesserungskosten bei 50.000,00 € liegen. Bezüglich der weiteren 20.000,00 € kann Rohbauer R nicht die Einrede der Verjährung erheben, da auch bezüglich dieses überschießenden Betrages durch die Vorschussklage die Verjährung gehemmt war. 

 

Beispiel:

 Hätte Bauherr B im Ausgangsfalle keine Vorschussklage erhoben, sondern einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht, so wäre die Verjährung nur bezüglich des eingeklagten Betrages in Höhe von 30.000,00 € gehemmt gewesen. Hätte sich dann später herausgestellt, dass tatsächlich ein Betrag in Höhe von 50.000,00 € erforderlich wäre, läge bezüglich des überschießenden Betrages von 20.000,00 € eine Verjährung vor. 

 

 

Praxistipp:

Sofern zweifelhaft ist, welche Kosten zur Mängelbeseitigung tatsächlich notwendig und erforderlich sind, ist die Erhebung der Vorschussklage im Hinblick auf die Verjährung der sicherste Weg. 

 

 

Beachte:

Sofern Ansprüche zur Verjährungsunterbrechung mittels eines Mahnbescheides geltend gemacht werden sollen, so muss im Mahnbescheid der konkrete Mangel im Detail bezeichnet werden und es muss im Mahnbescheid eine Mängelliste beigefügt werden, aus welcher sich ergibt, welche Mängel im Detail geltend gemacht werden sollen. Gleichzeitig müssen den einzelnen Mängeln jeweils konkrete Geldbeträge zugeordnet werden. Sofern nachweisbar dem Auftragnehmer ein Gutachten bzw. eine Mängelliste vorgelegen hat, in welchem eine Zuordnung der einzelnen Mängel vorgenommen wurde, so kann im Mahnbescheid die Bezugnahme auf eine dem Auftragnehmer vorliegende Mängelliste bzw. ein dem Auftraggeber vorliegendes Gutachten ausreichen. Allerdings trägt der Auftraggeber die Beweislast dafür, dass dem Auftragnehmer zum Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides die Mängelliste bzw. das Gutachten vorgelegen hat.

 

 

Beachte:

Sofern eine Forderung durch Aufrechnung in einem Prozessverfahren geltend gemacht wird, beschränkt sich die Hemmung der Höhe nach auf den Betrag der Hauptforderung, welcher gegenüber die Aufrechnung erklärt wird.

 

 

Beispiel:

Rohbauer R macht im Prozess eine restliche Werklohnforderung von 20.000,00 € gerichtlich geltend. Bauherr B rechnet mit Schadensersatzansprüchen im Hinblick auf eine mangelhafte vertikale Außenabdichtung auf. Der Schadensersatzanspruch von B wird nur in Höhe von 20.000,00 € durch die Aufrechnung im Prozessverfahren gehemmt. Beträgt der tatsächliche Schadensersatzanspruch im Hinblick auf die mangelhafte Außenabdichtung tatsächlich 50.000,00 €, würde der weitere Schadensersatzanspruch in Höhe von 30.000,00 € verjähren, wenn Bauherr B diesbezüglich keine verjährungsunterbrechenden oder verjährungshemmenden Maßnahmen ergreift. 

 

 

Hemmung durch Antrag im selbständigen Beweisverfahren:

 

Eine wichtige Bedeutung kommt auch zur Hemmung der Verjährung dem Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zu. Durch Zustellung des Antrages auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens wird gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB die Verjährung gehemmt.

 

 

§ 204 BGB:

 

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

....

7.

die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens

 

 

 

Allerdings beschränkt sich die Hemmung auf solche Ansprüche, die im selbstständigen Beweisverfahren geltend gemacht werden. Allerdings kommt hier wieder der Symptom-Theorie des BGH eine entscheidende Bedeutung zu. Hat der Antragsteller im selbstständigen Beweisverfahren konkret eine Mangelerscheinung benannt und zum Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens gemacht, sind sämtliche Ursachen von der Hemmung der Verjährung betroffen, die für die streitgegenständliche Mangelerscheinung verantwortlich sind.