Abstandsflächen (§ 8 LBauO Rheinland-Pfalz):

 

 

Die Einhaltung von Abstandsflächen zwischen den einzelnen Bauvorhaben soll städtebauliche Motive, aber auch Interessen der öffentlichen Sicherheit, insbesondere des Brandschutzes, erfüllen. 

 

Sofern Abstandsflächen zwischen den Gebäuden vorhanden sind, kann nämlich beispielsweise ein Brand nicht bzw. nur erschwert von einem brennenden Objekt auf das nächste Objekt übergreifen.

 

Darüber hinaus sollen Abstandsflächen auch eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung der Gebäude und darin befindlichen Räumlichkeiten gewährleisten.

 

Auch soziale Zwecke, wie die Sicherung der Privatsphäre, die Wahrung des Wohnfriedens und die Einhaltung des Sozialabstandes, sollen gewährleistet werden.

 

Abstandsflächen sind diejenigen Bereiche auf dem Grundstück, die vor Außenwänden oberirdischer Gebäude von Gebäuden frei zu halten sind. In diesen Abstandsflächen sind somit sämtliche oberirdischen Gebäude oder baulichen Anlagen, von denen Wirkungen wie von oberirdischen Gebäuden ausgehen, grundsätzlich unzulässig, sofern keiner der Privilegierungstatbestände des § 8 Abs. 8 Satz 3, § 8 Abs. 9-12 LBauO Rheinland-Pfalz erfüllt sind.

 

Unterirdische Gebäude, wie beispielsweise Tiefgaragen oder Unterkernbohrungen, müssen keine Abstandsvorschriften einhalten, da sie keine Außenwandflächen oberhalb der Geländeoberfläche besitzen.

 

 

§ 8 Abs. 1 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Vor Außenwänden oberirdischer Gebäude sind Flächen von Gebäuden freizuhalten (Abstandsflächen).

 

Die Tiefe der Abstandsfläche bestimmt sich dabei zunächst nach der Wandhöhe des zu errichtenden Gebäudes. Dabei wird die Höhe senkrecht zur Wand gemessen. Als Wandhöhe gilt das Maß von der Geländeoberfläche bis zur Schnittlinie der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand (z.B. bei einem Gebäude mit Flachdach).

 

 

§ 8 Abs. 4 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich nach der Höhe der Wand oder des Wandteils (Wandhöhe); sie wird senkrecht zur Wand gemessen. Als Wandhöhe gilt das Maß von der Geländeoberfläche bis zur Schnittlinie der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand. Bei Wänden unter Giebelflächen gilt als oberer Abschluss der Wand die Waagrechte in Höhe der Schnittlinien nach Satz 2; liegen die Schnittlinien nicht auf einer Höhe, ist die Waagrechte in der Mitte zwischen den Schnittlinien, bei Pultdächern an der unteren Schnittlinie anzunehmen. 

 

 

Je nach Dachneigung, wird die Höhe der Dachfläche nicht, vollständig oder teilweise mitgerechnet.

 

Bei Dächern mit einer Dachneigung von mehr als 70°, wird die Höhe des Daches vollständig mit eingerechnet.

 

 

§ 8 Abs. 4 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Zur Wandhöhe werden hinzugerechnet

 

1.

voll die Höhe von

 

a)

Dächern und Dachteilen mit einer Dachneigung von mehr als 70°.....

 

 

Bei Dächern mit einer Dachneigung von mehr als 45°, aber nicht mehr als 70°, wird die Höhe des Daches mit 1/3 hinzugerechnet (§ 8 Abs. 4 Nr. 2 LBauO Rheinland-Pfalz).

 

 

§ 8 Abs. 4 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Zur Wandhöhe werden hinzugerechnet

....

2.

zu einem Drittel die Höhe von

 

a)

Dächern und Dachteilen mit einer Dachneigung von mehr als 45°.....

 

 

Keine Anrechnung der Dächer zur Wandhöhe erfolgt hingegen bei einer Dachneigung von bis zu 45° (§ 8 Abs. 4 Satz 5 LBauO Rheinland-Pfalz).

 

  • Dachneigung von mehr als 70°:                                                          Dachhöhe wird vollständig mit eingerechnet.
  • Dachneigung von mehr als 45°, aber nicht mehr als 70°:               Daches mit 1/3 hinzugerechnet
  • Dachneigung von bis zu 45°:                                                               Dachhöhe wird nicht eingerechnet

 

Unabhängig von der jeweiligen Dachneigung werden jedoch gemäß § 8 Abs. 4 Satz 5 Nr. 2b LBauO Rheinland-Pfalz zu einem Drittel die Höhe von Dächern angerechnet, die mit Dachgauben oder Dachaufbauten ausgestattet sind, deren Gesamtbreite – jeweils außen gemessen – je Dachfläche mehr als die Hälfte der darunterliegenden Gebäudewand beträgt.

 

 

§ 8 Abs. 4 Satz 5 Nr. 2b) LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Zur Wandhöhe werden hinzugerechnet

...

2.

zu einem Drittel die Höhe von

 

 

b)

Dächern mit Dachgauben oder anderen Dachaufbauten, wenn diese zusammen mehr als halb so breit wie die Wand sind.....

 

 

 

Beispiel: 

Das Dach hat eine Dachneigung von 40°, und wäre daher eigentlich nicht zu berücksichtigen. Weist dieses Dach aber eine Dachgaube auf mit einer Breite von 6 m, während die Breite der darunter befindlichen Gebäudewand 10 m beträgt, wäre die Gaube mit 6 m breiter, als die Hälfte der darunterliegenden Gebäudewand. In diesem Falle würde das Dach mit 1/3 der Höhe mit berücksichtigt werden, obwohl es eigentlich eine Dachneigung nicht von mehr als 45° aufweist.

 

Beispiel:

Würde demgegenüber die Dachgaube nur eine Breite aufweisen von 4,5 m, wäre die Gaube nicht breiter als die Hälfte der darunterliegenden Gebäudewand, so dass dann die Höhe des Daches nicht mit zu berücksichtigen wäre.

 

 

Bei Giebelseiten von Gebäuden und der Abstandsflächen in diesem Bereich, kommt es ebenfalls darauf an, welche Dachneigung gegeben ist.

 

Giebelflächen werden voll angerechnet, wenn die Summe der Dachneigungen mehr als 140° beträgt.

 

 

§ 8 Abs. 4 Satz 5 Nr. 1b) LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Zur Wandhöhe werden hinzugerechnet

 

1.

voll die Höhe von

 

...

b)

Giebelflächen, wenn die Summe der Dachneigungen mehr als 140° beträgt, sowie Giebelflächen von Pultdächern mit einer Dachneigung von mehr als 70°,

 

 

Beispiel: 

Weisen beide Dachflächen jeweils eine Neigung von 72° auf, ergäbe sich in der Summe eine Dachneigung von 144°, so dass die Giebelfläche voll angerechnet würde (Summe der Dachneigung liegt über 140°).

 

Beispiel:

Weist demgegenüber die linke Giebelseite eine Dachneigung von 72° auf, die rechte Dachseite jedoch nur von 50°, ergäbe sich in der Summe eine Dachneigung von nur 132°. Die Dachneigung läge daher in der Summe nicht bei mehr als 140°, so dass dann die Giebelseite nicht voll anzurechnen ist.

 

 

Sofern die Summe der Dachneigungen nicht mehr als 140° beträgt, werden die Giebelflächen stets mit 1/3 der Höhe hinzugerechnet.

 

 

§ 8 Abs. 4 Satz 5 Nr. 2c) LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Zur Wandhöhe werden hinzugerechnet

...

2.

zu einem Drittel die Höhe von

 

...

c)

Giebelflächen, die nicht unter Nummer 1 Buchst. b fallen.

 

 

Giebelflächen werden lediglich dann nicht mitberechnet, wenn die Giebelfläche ein Dreieck bildet, bei dem die anzunehmende Grundlinie eine Länge von 8 m nicht überschreitet und auch eine Höhe im Dreieck von maximal 4 m nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn Dachaufbauten weniger als 1,50 m von der Giebelfläche entfernt sind. 

 

 

§ 8 Abs. 4 Satz 6 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Nicht hinzugerechnet wird in den Fällen des Satzes 5 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. c die Höhe von Giebelflächen, die innerhalb eines Dreiecks mit einer in Höhe der Waagrechten nach Satz 3 anzunehmenden Grundlinie von 8 m Länge und mit 4 m Höhe liegen; dies gilt nicht, wenn Dachaufbauten weniger als 1,50 m von der Giebelfläche entfernt sind.

 

 

Sofern vortretende oder zurücktretende Wandteile gegeben sind, sind die Abstandsflächen hierfür gesondert zu ermitteln (§ 8 Abs. 5 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz).

 

 

§ 8 Abs. 5 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Für vor- oder zurücktretende Wandteile wird die Abstandsfläche gesondert ermittelt. 

 

 

Allerdings bleiben vor die Wand vortretende Gebäudeteile wie Pfeiler, Gesimse, Dachvorsprünge, Blumenfenster, Hauseingangstreppen und deren Überdachung sowie untergeordnete Vorbauten wie Erker und Balkone bei der Bemessung der Tiefe der Abstandsfläche außer Betracht, wenn sie nicht mehr als 1,50 m vortreten (§ 8  Abs. 5 Satz 2 LBauO Rheinland-Pfalz).

 

 

§ 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Vor die Wand vortretende Gebäudeteile wie Pfeiler, Gesimse, Dachvorsprünge, Blumenfenster, Hauseingangstreppen und deren Überdachungen sowie untergeordnete Vorbauten wie Erker und Balkone bleiben bei der Bemessung der Tiefe der Abstandsfläche außer Betracht, wenn sie nicht mehr als 1,50 m vortreten; von der gegenüberliegenden Grundstücksgrenze müssen sie mindestens 2 m entfernt bleiben.  

 

 

Allerdings müssen diese hervortretenden Vorbauten von der gegenüberliegenden Grundstücksgrenze stets einen Abstand von mindestens 2 m einhalten.

 

 

§ 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

........von der gegenüberliegenden Grundstücksgrenze müssen sie mindestens 2 m entfernt bleiben.  

 

 

Die Vorbauten müssen allerdings „untergeordnet“ sein. So kann ein vor der Außenwand errichteter Personalaufzug, Personenaufzug, der sich über die gesamte Gebäudehöhe erstreckt, nicht als „untergeordneter Vorbau“ mit entsprechender Privilegierung angesehen werden. Auch ein Wintergarten, der die gesamte Breite der Außenwand in Anspruch nimmt, kann nicht mehr als untergeordneter Vorbau qualifiziert werden. Auch durchgehende Balkone oder Loggien sind nicht mehr als untergeordnete Vorbauten zu qualifizieren.

Wo dabei die jeweilige Grenze anzulegen ist, ist streitig. Bei Balkonen, die breiter als die Hälfte der Außenwand sind, wird in der Regel keine Qualifizierung mehr als „untergeordnetes Bauteil“ anzunehmen sein. In diesem Falle wäre – gerechnet ab dem Balkon – ein Mindestabstand von 3 m zur Grundstücksgrenze einzuhalten. Sind mehrere Vorbauten und untergeordnete Wandteile pro Außenwand vorhanden, die in der Addition mehr als die Hälfte der Außenwand betragen oder länger als 5 m sind, soll ebenfalls keine Privilegierung mehr anzunehmen sein.

 

Sofern die Wandhöhe und gegebenenfalls die Höhe des Daches ermittelt wurde, bestimmt sich gem. § 8 Abs. 6 LBauO Rheinland-Pfalz die Tiefe der Abstandsfläche danach, in welchem Gebiet das streitgegenständliche Objekt befindlich ist. Die Tiefe der Abstandsfläche beträgt im Gewerbe- und Industriegebieten 0,25 H.

 

 

§ 8 Abs. 6 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

 Die Tiefe der Abstandsfläche beträgt..... in Gewerbe- und Industriegebieten 0,25 H. 

 

 

Beispiel: 

Beträgt die Wandhöhe eines Objektes in einem Industriegebiet 20 m und die Dachneigung 30 Grad, so dass Ddiese achhöhe nicht einzuberechnen wäre, so ergäbe sich eine Abstandsfläche in nachfolgender Höhe:

20 m x 0,25 H = 5 m Abstandsfläche.

 

In allen anderen Gebieten, die nicht Gewerbe- und Industriegebiete sind, wäre zur Bemessung der Faktor 0,4 H in Ansatz zu bringen.

 

 

§ 8 Abs. 6 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

 Die Tiefe der Abstandsfläche beträgt 0,4 H.....

 

 

Beispiel: 

In einem reinen Wohngebiet wird ein Einfamilienhaus mit einer Wandhöhe von 10 m und einer Dachneigung von 20 Grad errichtet, so dass diese Dachhöhe nicht einzuberechnen wäre. Die Abstandsfläche beträgt danach:

10 m x 0,4 H = 4 m Abstandsfläche.

 

In Kerngebieten sowie in Sondergebieten, die nicht der Erholung dienen, kann ausnahmswweise eine geringere Tiefe als 0,4 H gemäß § 8 Abs. 6 Satz 2 LBauO Rheinland-Pfalz zugelassen werden, wenn die Nutzung der Gebiete dies rechtfertigt.

 

 

§ 8 Abs. 6 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

...In Kerngebieten sowie in Sondergebieten, die nicht der Erholung dienen, kann eine geringere Tiefe als 0,4 H zugelassen werden, wenn die Nutzung der Gebiete dies rechtfertigt. 

 

 

In allen Fällen muss gem. § 8 Abs. 6 LBauO Rheinland-Pfalz jedoch die Tiefe der Abstandsfläche mindestens 3 m betragen.

 

 

§ 8 Abs. 6 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

.... In allen Fällen muss die Tiefe der Abstandsfläche jedoch mindestens 3 m betragen. 

 

 

Beispiel: 

Ein Einfamilienhaus soll in einem reinen Wohngebiet mit einer Höhe von 6 m errichtet werden. Ausgehend von einem Faktor von 0,4 H, ergäbe sich danach eine Abstandsfläche von 2,4 m (6 m Wandhöhe x 0,4 H = 2,4 m). Die Abstandsfläche muss jedoch mindestens 3 m betragen, so dass in diesem Falle – trotz einer Höhe des Objektes von lediglich 6 m, eine Abstandsfläche von 3 m eingehalten werden müsste.

 

 

Zwingende Abweichungen nach Planungsrecht:

 

Sofern planungsrechtlich entsprechende Gebäude ohne Grenzabstand gebaut werden müssen, wären entsprechende Abstandsflächen gemäß § 8  Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBauO Rheinland-Pfalz nicht einzuhalten.

 

 

§ 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

... Innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen sind Abstandsflächen nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften

 

1.

das Gebäude ohne Grenzabstand gebaut werden muss...

 

 

Beispiel:

Ist nach dem gültigen Bebauungsplan eine geschlossene Bauweise zwingend vorgesehen, entfällt das Erfordernis von Abstandsflächen zu den benachbarten Grundstücksgrenzen und das Gebäude müsste zwingend an der Grenze – ohne Abstand - errichtet werden.

 

 

Gleiches würde auch gelten, wenn zwar im Bebauungsplan eine offene Bauweise vorgesehen wäre, jedoch mit der zwingenden Festlegung auf Doppelhäuser bzw. Hausgruppen.

 

 

Beispiel:

Besteht ein Bebauungsplan nicht und liegt ein sog. „unbeplanter Innenbereich“ im Sinne des §  34 BauGB vor und sieht die Umgebungsbebauung eine geschlossene Bauweise vor, muss ebenfalls ohne Grenzabstand unmittelbar auf die Grenze gebaut werden.

Eine Grenzbebauung – ohne Abstandsfläche – ist gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBauO Rheinland-Pfalz auch dann möglich, wenn sich aus den planungsrechtlichen Vorschriften die Gestattung einer Grenzbebauung ergibt und zusätzlich öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls ohne Grenzabstand gebaut wird.

 

Beispiel:

Entscheidet sich der Bauherr eine Bebauung an die Grundstücksgrenze – ohne Einhaltung von Abstandsflächen zu errichten – wäre dies dann genehmigungsfähig, sehen durch eine Baulast nach § 86 LBauO Rheinland-Pfalz gesichert würde, dass auch auf dem Nachbargrundstück ohne Grenzabstand ein Bauvorhaben errichtet wird.

 

 

Eine lediglich zivilrechtliche Vereinbarung zwischen den Nachbarn genügt diesbezüglich nicht. Vielmehr muss eine öffentlich-rechtliche Sicherung über eine Baulast nach § 86 LBauO Rheinland-Pfalz erfolgen.

 

Eine Ausnahme von der Verpflichtung einer Abstandsfläche kann auch gem. § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO Rheinland-Pfalz dann in Betracht kommen, wenn zwar nach planungsrechtlichen Vorschriften mit Grenzabstand gebaut werden muss, auf dem Nachbargrundstück - innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche - aber bereits ein Gebäude ohne Grenzabstand vorhanden ist. In diesem Falle kann zugelassen oder von der Bauaufsichtsbehörde sogar verlangt werden, dass ebenfalls ohne Grenzabstand gebaut wird.

 

 

§ 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Muss nach planungsrechtlichen Vorschriften mit Grenzabstand gebaut werden, ist aber auf dem Nachbargrundstück innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche ein Gebäude ohne Grenzabstand vorhanden, so kann zugelassen oder verlangt werden, dass ebenfalls ohne Grenzabstand gebaut wird. 

 

 

Beispiel: 

Ist auf dem Nachbargrundstück ein Gebäude ursprünglich als Doppelhaushälfte errichtet worden und – ohne Grenzabstand – noch auf der Grenze vorhanden, kann auf dem Nachbargrundstück, auf dem die ehemalige Doppelhaushälfte nicht mehr errichtet ist, zugelassen oder sogar verlangt werden, dass das Gebäude erneut ohne Grenzabstand als „Doppelhaus“ an das Gebäude des Nachbarn angebaut wird.

 

Die Entscheidung diesbezüglich liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde.

 

Beispiel:

Ist beispielsweise auf dem Nachbargrundstück ein grenznahes Gebäude mit einem Abstand von lediglich 30-50 cm vorhanden, kann es ermessensgerecht sein, dass die Errichtung eines Gebäudes unmittelbar an der Grundstücksgrenze nicht zugelassen wird. Andernfalls könnte eine Schmutzecke (30-50 cm) entstehen, Feuchtigkeit wegen mangelnder Durchlüftung zu erwarten sein und eventuelle Reparatur- und Unterhaltungsarbeiten erschwert bzw. unmöglich sein.

 

Beachte: 

§ 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO Rheinland-Pfalz ist nur dann anwendbar, wenn bei vorgeschriebener offener Bauweise sich an der Grenze ein Gebäude befindet, welches eigentlich bauplanungsrechtlich nicht genehmigungsfähig wäre. Nur an dieses Gebäude kann gegebenenfalls eine Grenzbebauung zugelassen oder verlangt werden. Demzufolge scheidet eine Grenzgarage als Anwendungsfall aus, weil es sich bei einer Garage um ein Gebäude handelt, welches ohne Grenzabstand errichtet werden kann, also nicht ein solches Gebäude vorliegt, welches den eigentlich planungsrechtlichen Vorgaben widerspricht. Der Eigentümer des vorhandenen Grenzbaus hat nämlich selbst eine Abweichung von den planungsrechtlichen Vorgaben einer offenen Bauweise vorgenommen und daher keinen Anspruch mehr darauf, dass sein Nachbar aus Gründen der Besonnung, Beleuchtung oder Belüftung eine Abstandsfläche einhält.

 

Beachte: 

Ein Grenzanbau kann aber nur in den Fällen verlangt werden, in denen unmittelbar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze bereits ein Nachbargebäude errichtet ist, jedoch nicht bei einer bloß grenznahen Bebauung bis 0,5 m oder mehr.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 LBauO Rheinland-Pfalz kann im Falle einer planungsrechtlich vorgesehenen geschlossenen Bauweise verlangt werden, dass ausnahmsweise ein Grenzabstand eingehalten wird.

 

 

§ 8 Abs. 1 Satz 4 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Muss nach planungsrechtlichen Vorschriften ohne Grenzabstand gebaut werden, ist aber auf dem Nachbargrundstück innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche ein Gebäude mit Grenzabstand vorhanden, so kann zugelassen oder verlangt werden, dass eine Abstandsfläche eingehalten wird.

 

 

Beispiel: 

Im Bebauungsplan ist eine geschlossene Bauweise – mithin eine Bebauung ohne Grenzabstand – zwingend vorgesehen. Ist in diesem Falle auf dem Nachbargrundstück ein Gebäude vorhanden, welches – trotz vorgesehener offener Bauweise - die Abstandsfläche zur Grenze einhält, kann gestattet oder verlangt werden, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls eine Abstandsfläche eingehalten wird.

 

Beispiel:

Gleiches würde auch dann gelten, wenn ein unbeplanter Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB gegeben ist und dort eine geschlossene Bauweise – mithin eine Bauweise ohne Abstandsflächen – tatsächlich vorhanden ist.

 

Beispiel: 

Ist im Bebauungsplan eine offene Bauweise vorgesehen, jedoch zwingend eine Doppelhausfestsetzung enthalten, kann – trotz der Festsetzung als Doppelhaus – der Bauherr mit Grenzabstand bauen, wenn auch der Nachbar – entgegen der Festsetzung eines Doppelhauses – sein Gebäude mit Grenzabstand errichtet hat.

 

 

Es ist nicht erforderlich, dass auf dem Nachbargrundstück die Abstandsflächen vollumfänglich nach § 8 LBauO Rheinland-Pfalz eingehalten sind. Es genügt grundsätzlich auch ein geringerer Abstand. Dabei wird angenommen, dass aber zumindest eine grenznahe Bebauung ab ca. 1 m auf dem Nachbargrundstück vorhanden sein muss, damit die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 4 LBauO Rheinland-Pfalz eingreifen. Die Ausnahme soll dann – wie ausgeführt - nicht eingreifen, wenn auf dem Nachbargrundstück ein Grenzabstand von lediglich 0,5 m bis 1 m vorhanden ist.

 

Sofern die Voraussetzungen gegeben sind, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baugenehmigungsbehörde, das Einhalten einer Abstandsfläche zu verlangen.

 

In der Rechtsprechung ist beispielsweise eine Ermessensreduzierung zugunsten eines mit Fenstern versehenen Nachbarbauwerkes angenommen worden, wenn ohne die Einhaltung einer Abstandsfläche genehmigte Fenster zu Aufenthaltsräumen zugebaut würden, die auch nicht mit zumutbarem Aufwand verlegt werden könnten. Voraussetzung ist allerdings, dass das betroffene Fenster in der dem Nachbargrundstück zugewandten Gebäudewand genehmigt ist oder materiellen Bestandsschutz genießt.

 

Grundsätzlich müssen die Abstandsflächen gem. § 8 Abs. 2 LBauO Rheinland-Pfalz auf dem Grundstück selbst liegen.

 

 

§ 8 Abs. 2 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Die Abstandsflächen müssen auf dem Grundstück selbst liegen. 

 

 

Eine Ausnahme hiervon ist lediglich möglich, wenn die Grundstücksabstandsfläche auf dem Nachbargrundstück liegt und der Nachbar diesbezüglich eine Baulast bewilligt.

 

Abstandsflächen können ausnahmsweise auch auf öffentlichen Verkehrsflächen/öffentlichen Grünflächen oder öffentlichen Wasserflächen liegen, jedoch begrenzt nur bis zu deren jeweiliger Mitte.

 

 

§ 8 Abs. 2 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

....Sie dürfen auch auf öffentlichen Verkehrs-, Grün- oder Wasserflächen liegen, jedoch nur bis zu deren Mitte.

 

 

Beispiel: 

Ein Gebäude wird im vorderen Bereich mit einem Abstand von lediglich 1 m zur Grundstücksgrenze, angrenzend an eine öffentliche Straße, errichtet. Weist diese öffentliche Straße eine Breite von insgesamt 8 m auf, könnte bis zur Mitte der Straße, mithin bis zu 4 m, die Abstandsfläche auf der öffentlichen Verkehrsfläche liegen. Wäre also in diesem Beispiel eine Abstandsfläche von 3 m einzuhalten, befände sich 1 m der Abstandsfläche noch auf dem eigenen Grundstück, während die fehlenden 2 m der Abstandsfläche zulässigerweise auf der öffentlichen Straße befindlich wären.

 

Beispiel: 

Wäre im zuvor angeführten Beispielsfalle die öffentliche Straße lediglich 3 m breit, könnte lediglich bis zur Mitte (1,50 m) die öffentliche Verkehrsfläche für die Abstandsfläche genutzt werden. In diesem Falle müsste das Haus, welches eine Abstandsfläche von 3 m einhalten müsste, zumindest 1,5 m von der Grundstücksgrenze entfernt errichtet werden. Von der öffentlichen Verkehrsfläche könnte nämlich – wie ausgeführt – lediglich eine Fläche von 1,5 m genutzt werden.

 

 

Wärmeschutzmaßnahmen in Abstandsflächen (§ 8 Abs. 5 Satz 1 Satz 4 LBauO Rheinland-Pfalz):

 

Nachträgliche Wärmeschutzmaßnahmen (Wärmedämmung) an Außenwänden haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass die ursprünglich eingehaltenen Abstandsflächen durch die aufgebrachten Wärmedämmung unterschritten wurden.

 

Um entsprechende Wärmeschutzmaßnahmen dennoch zu ermöglichen, wurde eine Ausnahmeregelung in § 8 Abs. 5 Satz 4 LBauO Rheinland-Pfalz vorgesehen. Danach sind nachträgliche Wärmeschutzmaßnahmen in den Abstandsflächen bei solchen Gebäuden zulässig, die legal vor dem 1. Januar 1999 errichtet wurden. An diese Gebäude darf bis zu einer maximalen Stärke von bis zu 25 cm eine Wärmedämmung aufgebracht werden.

 

 

§ 8 Abs. 5 Satz 4 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Bei vor dem 1. Januar 1999 zulässigerweise errichteten Gebäuden sind Maßnahmen zum Zwecke der Energieeinsparung in den Abstandsflächen zulässig, soweit sie nicht mehr als 0,25 m vor die Außenwandfläche treten und die Bedachung um nicht mehr als 0,25 m angehoben wird....

 

 

Gemäß § 8 Abs. 9 LBauO Rheinland-Pfalz dürfen gegenüber Grundstücksgrenzen ohne Abstandsflächen oder mit einer geringeren Tiefe der Abstandsflächen errichtet werden:

 

  • Garagen
  • Gebäude und Anlagen zur örtlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser.
  • sonstige Gebäude ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten

 

 

§ 8 Abs. 9 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

Gegenüber Grundstücksgrenzen dürfen ohne Abstandsflächen oder mit einer geringeren Tiefe der Abstandsflächen

 

1.

Garagen,

 

2.

Gebäude und Anlagen zur örtlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser und

 

3.

sonstige Gebäude ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten

 

errichtet werden......

 

 

Voraussetzung ist allerdings, dass entsprechende Gebäude an den Grundstücksgrenzen oder in einem Abstand von bis zu 3 m von der Grundstücksgrenze eine mittlere Wandhöhe von 3,20 m über der Geländeoberfläche nicht überschreiten, eine Länge von 12 m an einer Grundstücksgrenze nicht überschreiten und Dächer haben, die zur Grundstücksgrenze nicht mehr als 45° geneigt sind.

 

 

§ 8 Abs. 9 LBauO Rheinland-Pfalz:

 

.... .wenn sie an den Grundstücksgrenzen oder in einem Abstand von bis zu 3 m von den Grundstücksgrenzen

 

a)

eine mittlere Wandhöhe von 3,20 m über der Geländeoberfläche nicht überschreiten,

 

b)

eine Länge von 12 m an einer Grundstücksgrenze nicht überschreiten und

 

c)

Dächer haben, die zur Grundstücksgrenze nicht mehr als 45° geneigt sind; Giebel an der Grundstücksgrenze dürfen eine Höhe von 4 m über der Geländeoberfläche nicht überschreiten.

 

 

Unter sonstigen Gebäuden ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten sind in erster Linie bauliche Anlagen zu verstehen, die zum Unterstellen und Lagern von Gegenständen dienen und als Nebenanlage zu qualifizieren sind. Der Begriff des Aufenthaltsraumes ist § 2 Abs. 5 LBauO definiert. 

 

 

Beispiele: 

  • Abstellräume
  • Sauna, die mit einem Elektroofen beheizt wird
  • Werkstattraum
  • Gewächshaus
  • Gartenhaus

 

 

Voraussetzung ist, dass eine mittlere Wandhöhe von 3,20 m über der Geländeoberfläche nicht überschritten wird. Gemessen wird an der jeweiligen Grundstücksgrenze.

 

Sofern das Nachbargrundstück tiefer liegt, als das zu bebaute Grundstück, soll die maßgebliche Höhe der Grenzbebauung auf dem Grundstück zu ermitteln sein und nicht bezogen auf die Höhe des Nachbargrundstückes.

 

Bei Grundstücken in Hanglage soll ebenfalls die Geländeoberfläche an der Grenze auf dem Baugrundstück maßgeblich sein.

 

Bezüglich der Länge sieht § 8 Abs. 9 LBauO Rheinland-Pfalz eine Begrenzung dahingehend vor, dass Garagen, Versorgungsgebäude und sonstige Gebäude ohne Abstandsflächen gegenüber den Grundstücksgrenzen bis zu einer Länge von maximal 12 m und insgesamt an allen Grundstücksgrenzen von maximal 18 m haben dürfen. 

 

Beispiel: 

Ist an einer Grundstücksgrenze eine Garage errichtet worden mit einer Länge von 6 m, so wäre diese Garage zunächst nicht länger als die maximal zulässige Länge von 12 m und damit zulässig. Wäre – neben der Garage – auch noch ein weiteres Nebengebäude im Eckbereich an zwei Grundstücksgrenzen errichtet, welches eine Grundfläche aufweist von 7 × 7 m, so würde auch dieses Gebäude die maximale Länge von jeweils 12 m an der Grundstücksgrenze nicht überschritten. Bezüglich der zulässigen Gesamtlänge von maximal 18 m, wäre aber zu berücksichtigen, dass das Nebengebäude mit seiner Fläche von 7 × 7 m an zwei Grundstücksgrenzen liegt, so dass diese betroffenen Bereiche der Grundstücksgrenze zu addieren sind. Ebenfalls hinzu zu addieren wäre die Länge der Garage. Damit ergäbe sich eine Gesamtlänge im Bereich der Grundstücksgrenze von 14 m (6 m Garage + 7 m Süd-Seite Nebengebäude + 7 m West-Seite Nebengebäude = 20 m). Die maximale Grenze von 18 m wäre damit überschritten.

 

Schließlich darf die Dachneigung zur Grundstücksgrenze hin nicht über 45° liegen.

 

Liegt nicht die Dachseite, sondern die Giebelseite zur Grundstücksgrenze hin, darf die Gesamthöhe von 4 m über der Geländeoberfläche nicht überschritten werden.