Haftungsgrundlagen 

 

1. Werkvertrag: 

 

Der selbständige Auftrag an einen Architekten/Ingenieur wird in der Regel als „erfolgsorientierter Werkvertrag” und nicht lediglich als „Dienstvertrag” von der Rechtsprechung qualifiziert. 

 

Somit schuldet der Architekt/Ingenieur nicht nur die bloße Dienstleistung, sondern die Herbeiführung des vertraglich vereinbarten 

 

„Erfolges“. 

 

Der Architekt/Ingenieur ist daher zur Herbeiführung eines mangelfreien, funktionstauglichen Werkes verpflichtet, das dem Zweck der vertraglichen Vereinbarung entspricht. 

 

Sofern im Vertrag keine strengeren Maßstäbe vereinbart sind, stellen die anerkannten Regeln der Technik nur den Mindeststandard dar, den der Architekt/Ingenieur zu erreichen hat. 

 

Maßgeblich ist dabei der veröffentlichte Erkenntnisstand der Technik im 

 

Zeitpunkt der Abnahme.

 

Nicht entscheidend ist der Erkenntnisstand bei Vertragsschluss. 

 

Der Architekt/Ingenieur schuldet daher bei Beauftragung einer „Vollarchitektur” (Leistungsphasen 1-9 HOAI) insbesondere nachfolgende Pflichten:

  • Erstellung einer mangelfreien dauerhaft genehmigungsfähigen Planung
  • Einhaltung der vereinbarten finanziellen Vorstellungen des Bauherren
  • Pflicht zur kostengünstigen Planung
  • mangelfreie Herbeiführung des mangelfrei geplanten Bauwerkes, sowie die Mangelfreiheit durch eine ordnungsgemäße Bauaufsicht zu erreichen
  • gesteigerte Bauaufsicht bei kritischen Baumaßnahmen mit hohem Mangelrisiko – gesteigerte Bauaufsicht bei Anhaltspunkten für Mängel
  • gesteigerte Bauaufsicht bei Umbau- und Modernisierungsarbeiten
  • gesteigerte Bauaufsicht bei schadensträchtigen Details
  • ordnungsgemäße Abwicklung der Mängelansprüche des Bauherren 

 

Obwohl der Architekt/Ingenieur einen werkvertraglichen Erfolg schuldet, schuldet er selbst nicht als Werkerfolg die Errichtung des Bauwerkes als solches. 

 

Im Gegensatz zu dem Werkerfolg, den der Bauunternehmer/Handwerker erreichen muss, setzt sich das Architektenwerk/Ingenieurwerk aus einer Vielzahl geistiger Leistungen zusammen. Er hat also eine technisch und wirtschaftlich einwandfreie Planung mit einem Leistungseinsatz zu erbringen, der auf die Verwirklichung der Planung in einem mangelfreien Bauwerk gerichtet ist. 

 

2. Mangel des Architekten-/Ingenieurwerkes: 

 

 

Das Architekten-/Ingenieurwerk ist zunächst gemäß 8 633 Abs. 2 Satz 2 BGB dann mangelhaft, wenn es nicht die 

 

„vereinbarte Beschaffenheit“ 

 

besitzt.

 

Welche Beschaffenheit die Vertragsparteien vereinbart haben, ergibt die Auslegung des Vertrages. 

 

Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. 

 

Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien haben soll. 

 

 

Beispiel: 

 

Der Architekt wird vom Bauherren mit der Errichtung einer Lagerhalle beauftragt, wobei die Tragfähigkeit der Decken 500 kp/qm betragen soll. 

Nach Errichtung des Gebäudes stellt sich heraus, dass die Geschossdecken in Teilbereichen nur eine Tragfähigkeit von 200 kp/qm aufweisen. 

In diesem Falle ist die Planung des Architekten mangelhaft, da das Gebäude nicht die vertraglich geschuldete technische Qualität aufweist. Dies gilt unabhängig davon, ob die konkrete Nutzung durch diesen Mangel beeinträchtigt ist. 

 

 

Eine Planung/Bauüberwachung des Architekten/Ingenieur ist auch dann mangelhaft, wenn sie nicht für die 

 

vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet

 

ist. 

 

 

Beispiel: 

 

Architekt A plant eine Tiefgarage, bei der die Stützen derart eng gesetzt wurden, dass das Befahren mit einem Pkw nicht bzw. nur mit erheblichem Aufwand möglich ist. 

 

Die Garage und damit das Planungswerk des Architekten ist nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet. 

 

Beispiel: 

 

Architekt A plant für den Bodenbelag eines Autohauses bestimmte Fliesen mit einem bestimmten Bodenaufbau ein, bei dem sich jedoch später herausstellt, dass die Fliesen beim Hineinfahren der Pkws in den Ausstellungsraum brechen. Die Unterkonstruktion und die Fliesen sind nämlich nicht ausreichend tragfähig. 

 

Auch in diesem Falle ist die Planung nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet. 

 

 

Schließlich ist ein Werk dann mangelhaft, wenn es nicht der

 

üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit

 

entspricht und nicht für die

 

übliche und zu erwartende Beschaffenheit geeignet 

 

ist.

 

 

Beispiel: 

 

Architekt A plant eine Tiefgarage, bei der sich nach der Fertigstellung Schäden im Hinblick darauf gezeigt haben, dass die Abdichtung nicht ausreichend gegen Chlorid-Eintrag abgedichtet ist. 

 

Die Planung ist in diesem Falle mangelhaft, da das Bauwerk [Tiefgarage) über kein erforderliches Abdichtungssystem verfügt, das den Angriff durch eingeschlepptes Wasser mit Chlorid-Belastung stand hält. Damit entspricht die Abdichtung nicht der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit und die Garage ist überdies nicht für die übliche Beschaffenheit geeignet.