Erstattung von Ersatzunternehmerkosten/Selbstvornahme:

 

Voraussetzungen:

 

Sofern ein gewährleistungspflichtiger Mangel vorliegt, kann der Auftraggeber den Auftragnehmer unter Fristsetzung zur Nachbesserung auffordern und nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Nachbesserungsfrist eine Drittfirma mit der Mängelbeseitigung beauftragen und in Höhe der entstehenden Nachbesserungskosten Schadensersatz gegenüber dem Auftragnehmer geltend machen. 

 

 

§ 637 Abs. 1 BGB:

 

Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.

 

 

§ 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B:

 

Kommt der Auftragnehmer der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in einer vom Auftraggeber gesetzten angemessenen Frist nicht nach, so kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen.

 

 

Entscheidende Voraussetzung für eine Kostenerstattung ist, dass vor Ausführung dieser Arbeiten durch eine Drittfirma der Auftragnehmer erfolglos unter angemessener Fristsetzung zur Nachbesserung aufgefordert wurde, sofern nicht ausnahmesweise die Frist entbehrlich war (siehe zuvor unter Entbehrlichkeit der Fristsetzung).

 

Bei der Frage, welche Frist „angemessen“ ist, kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an. Als „Faust-Formel“ lässt sich sagen, dass die Frist so bemessen werden muss, dass der betroffene Auftragnehmer bei entsprechendem Bemühen objektiv in der Lage wäre, die geforderten Nachbesserungsarbeiten innerhalb dieser Frist auszuführen. Dabei sind beispielsweise erforderlich Vorlaufzeiten für die Materialbeschaffung und Baustelleneinrichtung zu berücksichtigen. Außerdem sind mögliche Risiken und Schäden für den Fall der verzögerten Nachbesserung zu berücksichtigen. 

 

 

Beispiel:

Rohbauer R hat die vertikale Abdichtung des Kellers nicht fachgerecht ausgeführt, so dass der Keller wieder freigelegt und von außen abgedichtet werden muss. Unter Berücksichtigung einer Vorlaufzeit für die Baustelleneinrichtung etc. dürfte hier eine Frist von 4 – 6 Wochen – je nach Witterungsverhältnissen – angemessen und erforderlich sein. In den Wintermonaten könnte ggf. sogar eine noch deutlich längere Frist „angemessen“ sein. 

 

Beispiel:

Die von Installateur I eingebaute Heizungsanlage fällt bei Außentemperaturen von - 15° Grad aus und muss repariert und nachgebessert werden. Unter Berücksichtigung drohender Frostschäden bzw. der ansonsten bestehenden Unbewohnbarkeit des Objektes, dürfte eine Fristsetzung von 24 Stunden ausreichend und „angemessen“ sein. 

 

 

Die bloße Aufforderung an den Auftragnehmer, innerhalb einer gesetzten Frist die Bereitschaft zur Mängelbeseitigung zu erklären, genügt indes nicht für eine wirksame Fristsetzung nach § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B.

 

Auch eine Aufforderung zur „schnellstmöglichen Reparatur“ soll nicht als Fristsetzung deshalb ausreichend sein, weil nicht erkennbar sei, innerhalb welcher Frist die Reparatur erfolgen solle. 

 

 

Praxistipp:

Sicherheitshalber sollte der Auftraggeber stets und alternativlos eine genau bestimmte Frist zur Mängelbeseitigung setzen. Keinesfalls sollte er lediglich zur „unverzüglichen“ Mängelbeseitigung, zur Erklärung über die Bereitschaft zur Mängelbeseitigung oder zum Beginn der Nachbesserung auffordern. Auch wenn die tatsächliche Frist zur Nachbesserung im Einzelfall nur schwer abschätzbar ist, geht der Auftraggeber kein Risiko ein, wenn er irrig eine zu kurze und damit nicht angemessene Frist setzt. Eine zu kurz gesetzte Frist ist nämlich nicht unwirksam und gegenstandslos, sondern setzt vielmehr eine angemessene Frist in Gang. Die zu kurz bemessene Frist würde sich somit auf eine angemessene Frist verlängern. In Fällen, in denen die eigentliche Fristsetzung schwer abschätzbar ist, sollte daher der Auftraggeber ggf. noch eine „Sicherheitsfrist“ abwarten, bevor er einen Drittunternehmer mit der Nachbesserung beauftragt. In diesem Falle wäre nämlich die „angemessene“ Frist zur Nachbesserung gegenüber dem Auftragnehmer vor Beauftragung des Nachunternehmers in jedem Falle abgelaufen. 

 

 

Umfang des Kostenerstattungsanspruches:

 

Der Auftraggeber kann grundsätzlich Erstattung der Fremdnachbesserungskosten verlangen, die er als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für angemessen halten durfte. Wendet demgegenüber der Auftragnehmer ein, dass die tatsächlich entstandenen Kosten in dieser Höhe nicht notwendig und erforderlich gewesen seien, so hätte er hierfür die Darlegungs- und Beweislast zu tragen. In diesem Falle würde sich nämlich der Auftragnehmer auf eine vermeintliche Verletzung der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB berufen. Dabei ist der Auftraggeber zur Durchführung der Ersatzvornahme nicht unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung verpflichtet den „billigsten Bieter“ auszuwählen. Er kann vielmehr einen Unternehmer „seines Vertrauens“ beauftragen. Schließlich darf der Auftraggeber auch den „sichersten Weg der Mängelbeseitigung“ wählen.

 

Hat sich der Auftraggeber im Rahmen der Fremdnachbesserung durch einen Sachverständigen beraten lassen, kann er regelmäßig die Fremdnachbesserungskosten verlangen, die ihm aufgrund dieser Beratung zur Mängelbeseitigung entstanden sind. Denn es stellt keine Veretzung der Schadensminderungspflicht dar, wenn der sachverständig beratende Auftraggeber die Nachbesserungsarbeiten vornehmen lässt, die ihm von dem Sachverständigen vorgegeben werden. 

Nur dann, wenn erkennbar und vermeidbar unangemessene Ersatzvornahmekosten von dem Auftraggeber verursacht werden, sind diese nicht erstattungsfähig. 

 

 

Beispiel:

Bauherr B hatte Rohbauer R mit der Errichtung und Abdichtung eines Rohbaus nebst Keller beauftragt. Nach vollständiger Fertigstellung des Objektes stellt sich ein Feuchtigkeitsschaden im Keller heraus. Dieser ist darauf zurückzuführen, dass die Abdichtung des Gebäudes mit Bitumen nicht fachgerecht und vollflächig ausgeführt wurde. Bauherr B wird durch einen Privatgutachter beraten, der nach Ablauf der angemessenen Frist zur Nachbesserung eine vollständige Ausgrabung des Objektes und fachgerechte Nachbesserung der Abdichtung von außen für erforderlich hält. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 50.000,00 EUR. Im späteren Prozessverfahren beruft sich Rohbauer R darauf, dass auch eine Nachbesserung durch ein „Injektionsverfahren“ von innen möglich gewesen wäre und hierdurch insbesondere die umfangreichen Erdarbeiten nicht angefallen wären. Hierdurch wären gegebenenfalls nur Nachbesserungskosten in Höhe von 15.000,00 EUR angefallen. Nur in dieser Höhe will er die angefallenen Nachbesserungskosten des Drittunternehmers erstatten. In diesem Falle sind jedoch die aufgewendeten Kosten für die vollständige Ausgrabung und Abdichtung von außen erstattungsfähig, da diese Variante der Nachbesserung die „sicherste“ Möglichkeit zur Nachbesserung war. Außerdem war B durch einen Sachverständigen begleitet und beraten, der diese Nachbesserung als erforderlich angesehen hat. Es liegt somit keinesfalls eine Verletzung der Schadensminderungspflicht dar, wenn B diese Art der Nachbesserung vorgenommen hat. Rohbauer R ist daher zur Erstattung der Kosten in Höhe von 50.000,00 EUR selbst dann verpflichtet, wenn tatsächlich eine Nachbesserung durch Injektionsverfahren gegen geringere Kosten erfolgreich gewesen wäre.