Wirksame Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag:

 

Da es sich bei der VOB/B um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, sind auch die gesetzlichen Vorschriften zur Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag zu beachten. 

 

Dabei kommt es zunächst entscheidend darauf an, inwiefern es sich bei dem Vertragspartner um einen 

 

„Unternehmer“

 

oder einen 

 

„Verbraucher“

 

handelt. Die Anforderungen an die Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen und damit der VOB/B sind nämlich unterschiedlich, inwiefern die VOB/B gegenüber einem Unternehmer bzw. einem Verbraucher in den Vertrag einbezogen werden soll. 

 

Einbeziehung der VOB/B gegenüber einem Unternehmer:

 

Gegenüber einem Unternehmer genügt es, wenn der Verwender in seinem Vertrag auf die Geltung der VOB/B verweist (§ 310 Abs. 1 BGB). In diesem Falle ist es gerade nicht notwendig, dass dem Vertragspartner des Verwenders ein Text der VOB/B übergeben wird. Es muss lediglich ein deutlicher Hinweis auf die Einbeziehung der VOB/B erfolgen. 

 

 

§ 310 Abs. 1 BGB:

 

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 8 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. .......

 

§ 305 Abs. 2 BGB:

 

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss 

 

1.

die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und

 

2.

der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,

 

und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

Beispiel:

Generalunternehmer G möchte den Dachdecker D als Nachunternehmer beauftragen und schreibt in der Einleitung des Leistungsverzeichnisses: „Auf das Vertragsverhältnis ist die VOB/B in der Fassung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses anwendbar.“. Dieser ausdrückliche Hinweis auf die Einbeziehung der VOB/B ist ausreichend, da es sich bei dem Dachdecker D um einen „Unternehmer“ handelt. Die Übergabe eines Exemplars der VOB/B bzw. das Abdrucken der VOB/B auf der Rückseite des Leistungsverzeichnisses ist nicht notwendig und erforderlich. 


Es ist dann lediglich erforderlich, dass der Vertragspartner mit dieser Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag einverstanden ist. Ein solches Einverständnis kann auch konkludent erklärt werden: 

Beispiel:

Generalunternehmer G beauftragt Dachdecker D per Fax mit der Erbringung von Werkleistungen, wobei er auf die Geltung der VOB/B im Fax ausdrücklich hinweist. Führt anschließend Dachdecker D die per Fax beauftragten Werkleistungen aus, so erklärt er sich damit konkludent auch mit der Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag einverstanden. 


Einbeziehung der VOB/B gegenüber einem Verbraucher:

 

Sofern die VOB/B gegenüber einem Verbraucher in den Vertrag einbezogen werden soll, ist nicht nur der Hinweis auf die Geltung der VOB/B notwendig und erforderlich, sondern zusätzlich muss bei Vertragsschluss dem Verbraucher in zumutbarer Weise die Möglichkeit geschaffen werden, vom Inhalt der VOB/B Kenntnis zu nehmen (§ 305 Abs. 2 BGB). Dabei genügt es nicht, wenn der Vertragspartner auf die Einsichtnahme im Internet oder den käuflichen Erwerb im Buchhandel verwiesen wird. Notwendig ist vielmehr, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die zumutbare Möglichkeit zur Kenntnisnahme besteht. 

 

 

§ 305 Abs. 2 BGB:

 

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss 

 

1.

die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und

 

2.

der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,

 

und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

Beispiel:

Handwerker H übermittelt dem privaten Bauherrn B ein Angebot zur Erneuerung der Heizungsanlage. In seinem Angebot weist er ausdrücklich darauf hin, dass die VOB/B einbezogen werden soll. Ein Exemplar der VOB/B ist nicht beigefügt. Bauherr B erteilt anschließend den Auftrag. Nach 4,5 Jahren tritt ein gewährleistungspflichtiger Mangel, auf und Bauherr B verlangt Nachbesserung. In diesem Falle kann sich Handwerker H nicht auf eine abgelaufene Gewährleistungsfrist von lediglich 4 Jahren nach den Regelungen der VOB/B berufen, da die VOB/B nicht wirksam in den Vertrag einbezogen wurde. Auch wenn Bauherr B mit der Einbeziehung der VOB/B einverstanden war, hatte er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht die Möglichkeit zur Kenntnisnahme vom Inhalt der VOB/B, weil diese nicht beigefügt war. 


Beispiel:

Hätte im zuvor dargestellten Ausgangsfall Handwerker H nachweisbar ein Exemplar der VOB/B mitgeschickt bzw. auf der Rückseite seines Angebotes abgedruckt, so wäre die VOB/B wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen worden. Mögliche Gewährleistungsansprüche des Bauherrn wären daher bereits nach 4 Jahren – gerechnet ab dem Zeitpunkt der Abnahme – verjährt und ihm würde kein Nacherfüllungsanspruch mehr zustehen. 


Praxistipp:

Sofern gegenüber einem Verbraucher die VOB/B in den Vertrag einbezogen werden soll, ist es zwingend notwendig und erforderlich, dass eine zumutbare Möglichkeit zur Kenntnisnahme geschaffen wird. Dem Verbraucher sollte daher nachweisbar ein ausgedrucktes Exemplar der VOB/B spätestens bei Vertragsschluss übergeben werden. Die Übergabe sollte nachweisbar durch Unterschrift oder Zeugen dokumentiert werden. 


Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Übergabe eines Exemplars der VOB/B wird jedoch von der Rechtsprechung dann angenommen, wenn der Vertragspartner des Verwenders im Baugewerbe tätig oder im Baubereich „bewandert“ ist bzw. sich rechtsgeschäftlich durch einen erfahrenen Fachmann vertreten lässt. 

Beispiel:

Rechtsanwalt Z (Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht) beauftragt Handwerker H mit der Erneuerung der Heizungsanlage in seinem Privathaus. Auch wenn bei Vertragsschluss ein Exemplar der VOB/B nicht von Handwerker H übergeben wurde, kann sich Z nicht darauf berufen, dass ihm nicht in zumutbarer Weise vom Inhalt der VOB/B die Möglichkeit zur Kenntnisnahme gegeben wurde, da er als „Bewandert“ diesbezüglich anzusehen ist.


Gleiches gilt bei der privaten Beauftragung durch einen Architekten, Ingenieur, Geschäftsführer eines Bauträgerunternehmens etc. 

 

Beweislast:

 

Sofern streitig ist, ob die VOB/B wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen wurde oder nicht, hat derjenige die Beweislast zu tragen, der sich auf die günstigen Wirkungen der §§ 305 ff. BGB bzw. die VOB/B berufen will. 

Beispiel:

Bauherr B beauftragt Handwerker H mit der Erneuerung seiner Heizungsanlage in seinem Privathaus. Nach 4,5 Jahren tritt ein gewährleistungspflichtiger Mangel an der Heizungsanlage auf und der Bauherr macht Gewährleistungsansprüche geltend. Will sich Handwerker H darauf berufen, dass die Gewährleistungsfrist der VOB/B bereits nach 4 Jahren abgelaufen sei und nicht die 5-jährige Gewährleistungsfrist beim BGB-Vertrag anwendbar sei, so hat Handwerker H darzulegen und zu beweisen, dass die VOB/B wirksam in den Vertrag einbezogen wurde. Er muss also darlegen und beweisen, dass er auf die Einbeziehung der VOB/B hingewiesen hat, dass der Verbraucher in zumutbarer Weise die Möglichkeit zur Kenntnisnahme bei Vertragsschluss hatte und der Vertragspartner mit der Einbeziehung einverstanden war. Kann er diesen Beweis nicht erbringen, so ist die VOB/B nicht anwendbar und Handwerker H kann sich nicht auf die kurze Verjährungsfrist der VOB/B berufen.