Nutzungsuntersagung/Beseitigungsanordnung (§ 81 LBauO Rheinland-Pfalz):

 

Verstoßen bauliche Anlagen gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Errichtung, die Änderung, die Instandhaltung oder die Nutzungsänderung dieser Anlagen, so kann die Bauaufsichtsbehörde auch gem. § 81 Satz 1 LBauO Rheinland-Pfalz deren teilweise oder vollständige Beseitigung auf Kosten des Bauherren anordnen oder die Benutzung der Anlagen untersagen.

 

Zuständig für eine solche Beseitigungsanordnung ist gem. § 81 LBauO Rheinland-Pfalz die Bauaufsichtsbehörde.

 

Grundsätzlich ist der Bauherr vor Erlass einer Baueinstellungsverfügung bzw. einer Beseitigungsanordnung anzuhören.

 

Die Beseitigung baulicher Anlagen kann nur dann angeordnet werden, wenn ein Verstoß gegen bauliche oder öffentlich-rechtlich Schutzvorschriften vorliegt.

 

Dabei kann es sich um Verstöße gegen formelles Recht (also solches über die Genehmigungspflicht baulicher Anlagen) und/oder materielles Recht (also die Regelungen über die Zulässigkeit baulicher Anlagen) handeln.

 

Regelmäßig ist der Erlass einer Baubeseitigungsverfügung nur dann zulässig, wenn die bauliche Anlage sowohl formellem, als auch materiellem Recht widerspricht, d. h. formell und materiell illegal ist.

 

Formell illegal ist eine bauliche Anlage dann, wenn eine hierfür erforderliche Baugenehmigung fehlt.

 

Materiell illegal ist eine bauliche Anlage dann, wenn sie nicht genehmigungsfähig ist.

 

Beispiel: 

Bauherr B errichtet in einen Gebiet, für welches ein Bebauungsplan existiert, ein Einfamilienhaus ohne vorher eine Baugenehmigung zu beantragen, obwohl eine Baugenehmigung erforderlich wäre. Das Bauvorhaben wäre jedoch in der errichteten Ausführung uneingeschränkt genehmigungsfähig. In diesem Falle ist das Bauvorhaben formell illegal, weil die erforderliche Baugenehmigung fehlt. Das Objekt wäre indes nicht materiell illegal, da es den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht und bei Beantragung einer Baugenehmigung genehmigungsfähig wäre. In diesem Falle der bloßen formellen Illegalität, dürfte eine Beseitigungsanordnung von der Behörde zunächst nicht zu erlassen seien. Vielmehr könnte die Bauaufsichtsbehörde gem. § 81 Satz 2 LBauO Rheinland-Pfalz vom Bauherr B verlangen, einen Bauantrag zu stellen.

 

Beispiel: 

Bauherr B hat eine Baugenehmigung beantragt und erhalten und anschließend auf der Basis dieser Baugenehmigung ein Einfamilienhaus errichtet. Tatsächlich hätte das Bauvorhaben jedoch nicht genehmigt werden dürfen, da es den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. In diesem Falle ist das Bauvorhaben formell legal, da eine Baugenehmigung erteilt worden ist. Demgegenüber wäre das Bauvorhaben materiell illegal, weil es den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht.

Auch in diesem Falle käme eine Beseitigungsanordnung nicht in Betracht, da hierfür sowohl formelle Illegalität, als auch materielle Illegalität notwendig und erforderlich wären.

 

Formelle Illegalität liegt im Übrigen auch dann vor, wenn zwar eine Baugenehmigung erteilt worden ist, der Bauherr aber abweichend von der erteilten Baugenehmigung das Objekt errichtet hat.

 

Beispiel: 

Bauherr B wird eine Baugenehmigung mit 4 Vollgeschossen und einer Gesamthöhe von 15 m erteilt. Bauherr B errichtet tatsächlich aber 5 Vollgeschosse und eine Gesamthöhe von 20 m. In diesem Falle ist das Bauvorhaben formell illegal, weil es abweichend von der erteilten Baugenehmigung errichtet wurde. Das Bauvorhaben ist auch materiell illegal, sofern es in der errichteten Ausführung nicht genehmigungsfähig wäre. In diesem Falle könnte die Bauaufsichtsbehörde eine Beseitigungsanordnung dahingehend verfügen, dass das Objekt auf insgesamt vier Vollgeschosse und eine Gesamthöhe von 15 m zurückgebaut wird.

 

Abwandlung: 

Wäre in dem betroffenen Gebiet auch ein Bauvorhaben mit insgesamt 5 Vollgeschossen und einer Gesamthöhe von 20 m genehmigungsfähig, wäre im zuvor dargelegten Ausgangsfalle das Bauvorhaben lediglich formell illegal, jedoch nicht auch materiell illegal. Formell wäre es deshalb illegal, weil abweichend von der Baugenehmigung das Bauvorhaben errichtet wurde und daher für das tatsächlich errichtete Bauvorhaben (noch) keine Baugenehmigung vorliegt. Materiell-rechtlich wäre das Bauvorhaben jedoch genehmigungsfähig, da es den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht. In diesem Falle könnte die Bauaufsichtsbehörde keine Beseitigungsanordnung erlassen, sondern vielmehr von dem Bauherren verlangen für die geänderte Bauausführung eine Baugenehmigung zu beantragen.

 

Ob von der Bauaufsichtsbehörde die vollständige oder nur die teilweise Beseitigung verlangt werden kann, richtet sich im Einzelfall nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

 

Beispiel: 

Wurde Bauherr B eine Gesamthöhe des Bauvorhabens mit 15 m genehmigt und hat er den Rohbau auf 15,50 m errichten lassen, könnte die Bauaufsichtsbehörde nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht die Beseitigung des gesamten Bauvorhabens verlangen, sondern lediglich einen Rückbau auf 15 m.