Mangel der Werkleistung:

 

Eine Werkleistung ist gemäß § 633 Abs. 2 BGB dann mangelfrei, wenn sie der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann. 

 

 

§ 633 Abs. 2 BGB:

 

Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

1.

wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst

2.

für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.

 

 

Eine vergleichbare Regelung enthält § 13 Abs. 1 Satz VOB/B. 

 

 

§ 13 Abs. 1 Satz 2 VOB/B:

 

Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. 3Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart, so ist die Leistung zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln,

 

1.

wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst

 

 

2.

für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann.

 

 

Sowohl beim BGB-Vertrag, als auch beim VOB/B-Vertrag erfolgt daher eine Prüfung der Mangelfreiheit in drei Stufen: 

 

1.Stufe: 

 

vertraglich vereinbarte Beschaffenheit = tatsächliche Beschaffenheit? 

 

 

2. Stufe: 

 

Eignung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung ?

 

 

3.Stufe: 

 

Eignung für die gewöhnliche Verwendung bzw. übliche und zu erwartende Beschaffenheit ?

 

 

Beschaffenheitsvereinbarung:

 

Ein Sachmangel liegt grundsätzlich dann vor, wenn die erbrachte Werkleistung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Es kommt also entscheidend darauf an, inwiefern die vertraglich vereinbarte „Soll-Beschaffenheit“ der tatsächlichen „Ist-Beschaffenheit“ entspricht. Welche Beschaffenheit dabei konkret vereinbart wurde, ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag. Ggf. ist durch Auslegung zu ermitteln, welche „Soll-Beschaffenheit“ zwischen den Parteien vereinbart wurde.

 

Dabei können sich entsprechende Beschaffenheitsvereinbarungen ergeben aus 

  • Vertrag
  • vorvertraglichen Unterlagen
  • Verkaufsprospekten
  • Bauzeichnungen
  • Leistungsbeschreibungen etc. 

 

Weicht die tatsächliche Ist-Beschaffenheit von der vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit ab, so ist grundsätzlich die Werkleistung mangelhaft. Es kommt nicht darauf an, inwiefern durch diese Abweichung die Funktionstauglichkeit des Werkes beeinträchtigt ist oder nicht bzw. inwiefern die Werkleistung „minderwertiger“ ist. Diese Fragen können allenfalls eine Rolle spielen im Zusammenhang mit einer möglichen „Unverhältnismäßigkeit“. 

 

 

Beispiel:

Bauherr B beauftragt Installateur I mit der Installation einer neuen Heizungsanlage, wobei ausdrücklich die Lieferung und Montage einer bestimmten Heizung des Modells „XYZ“ vereinbart wurde. Da diese Heizungsanlage kurzfristig nicht lieferbar war, liefert und montiert Installateur I – ohne entsprechende Abstimmung mit dem Bauherren – eine völlig gleichwertige Anlage eines anderen Herstellers, die bezüglich Leistung, Verbrauch, Lebenserwartung etc. vollständig vergleichbar ist mit der geschuldeten Anlage. Trotz dieser Gleichwertigkeit ist die gelieferte Heizungsanlage zunächst juristisch mangelhaft, weil sie nicht der vertraglich getroffenen Vereinbarung entspricht. Allenfalls denkbar wäre, dass die geforderte Nachbesserung zum Austausch der Anlage „unverhältnismäßig“ ist. 

 

Beispiel:

Ist nach der Energieeinsparverordnung eine Außen-Dämmung mit einer Stärke von 20 cm notwendig und erforderlich, vereinbaren die Parteien jedoch die Ausführung einer Außen-Dämmung mit einer Stärke von 30 cm, so ist die mit lediglich 20 cm ausgeführte Dämmung selbst dann mangelhaft, wenn diese den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen würde und die Vorgaben der Energieeinsparverordnung erfüllen würde. 

 

 

Eignung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung:

 

Sofern zwischen den Parteien keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde, kommt es darauf an, inwiefern die Werkleistung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet ist oder nicht. Sofern eine bestimmte Funktion des Werkes nach dem Vertrag vorausgesetzt oder sogar ausdrücklich vereinbart ist, hat der Auftragnehmer zwingend diese Funktion herbeizuführen, welche Gegenstand der Beschaffenheitsvereinbarung und damit des geschuldeten Erfolges ist. Ist die erbrachte Werkleistung nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet, ist sie juristisch mangelhaft. 

 

Welche Funktion des Werkes dabei von den Parteien vorausgesetzt wurde bzw. vereinbart ist, muss zunächst durch Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung aller für den Vertrag maßgeblichen Umstände ermittelt werden. 

 

Im Übrigen ergibt sich die vertraglich vorausgesetzte Verwendung auch „aus der Natur der Leistung“. Beispielsweise muss ein Bauwerk so abgedichtet werden, dass es – unter Berücksichtigung der örtlichen Situation – dicht und nicht feucht ist. 

 

 

Beispiel:

Führt Rohbauer R zur Abdichtung des Gebäudes eine „schwarze Wanne“ aus, obwohl unter Berücksichtigung der Grundwasserverhältnisse eine Abdichtung mittels einer „weißen Wanne“ notwendig und erforderlich gewesen wäre, so ist die Abdichtung mittels eine „schwarzen Wanne“ nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet, selbst wenn sie vereinbart und beauftragt war.

 

Beispiel:

Enthält das Wasser am Ort des Bauvorhabens einen erhöhten Chlorgehalt, so ist die Werkleistung des Installateurs mangelhaft, sofern die von ihm verwendeten Leitungen mit dem erhöhten Chlorgehalt chemisch reagieren und Veränderungen oder sogar Schäden eintreten können. Das von ihm verwendete Material ist nämlich nicht zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung am entsprechenden Ort der Werkleistung geeignet. 

 

Beispiel:

Bauherr B lässt sich Dachziegel von Dachdecker D auf seinem Haus in Hamburg aufbringen, die aus Italien importiert wurden. Diese Dachziegel sind jedoch für die Witterungsverhältnisse in Hamburg nicht ausreichend frostbeständig, so dass sich nach dem ersten Winter Abplatzungen im Bereich der Oberfläche einstellen. Die Dachziegel sind somit nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung am Ort des Objektes geeignet. 

 

Beispiel:

Installateur I wird von Bauherr B beauftragt, eine neue Heizung für sein Mehrfamilienhaus zu liefern und einzubauen. Es wird eine Heizung mit einer Heizleistung von 50 kWh vereinbarungsgemäß geliefert und eingebaut. Diese Heizung ist jedoch nicht ausreichend dimensioniert, um das gesamte Objekt ordnungsgemäß zu beheizen, da hierfür eine Gesamtleistung von mindestens 70 kWh erforderlich gewesen wäre. Die Heizung ist somit nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet. 

 

Beispiel:

Fliesenleger F wird beauftragt, in einem Autohaus Fliesen im Verkaufsraum zu verlegen. Nach der Fertigstellung stellt sich heraus, dass die vereinbarten Fliesen das Gewicht der darauf stehenden Fahrzeuge nicht tragen kann und brechen. Auch hier sind die Fliesen nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet und mangelhaft. 

 

 

Eignung für die gewöhnliche Verwendung/übliche und zu erwartende Beschaffenheit/anerkannte Regeln der Technik:

 

Sofern zwischen den Parteien keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde bzw. keine bestimmte Verwendung vertraglich vorausgesetzt oder vereinbart wurde, kommt es darauf an, inwiefern die Werkleistung für die übliche Verwendung geeignet ist bzw. der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit entspricht. 

 

Die Frage, inwiefern die Werkleistung der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit entspricht, wird im Streitfalle zumeist durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen bestimmt. 

 

Anerkanntermaßen muss dabei die Werkleistung auch den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Während § 13 Abs. 1 Satz 1 VOB/B einen ausdrücklichen Hinweis auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik enthält, werden diese in § 633 BGB nicht explizit erwähnt. Es ist jedoch – wie ausgeführt – anerkannt, dass eine Werkleistung nicht der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit entspricht, wenn sie nicht den anerkannten Regeln der Technik gerecht wird. 

 

Anerkannte Regeln der Technik sind dabei diejenigen technischen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sind und feststehen sowie insbesondere in dem Kreis der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neusten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg bekannt und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind.

 

Die technischen Regeln müssen daher: 

 

  • in der Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sein und feststehen
  • unter einer hinreichenden Zahl kompetenter Fachleute als theoretisch richtig durchgesetzt sein
  • sich in der Baupraxis als richtig bewährt haben. 

 

Nur wenn diese zuvor dargestellten Voraussetzungen alle erfüllt sind, kann eine Ausführungsregel als „allgemein anerkannte Regel der Technik“ angesehen werden. 

 

Fehlt es beispielsweise daran, dass die technischen Regeln sich noch nicht durch fortdauernde praktische Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig erwiesen haben, handelt es sich (noch) nicht um die allgemein anerkannten Regeln der Technik. 

Dabei kann sich eine Mangelhaftigkeit daraus ergeben, dass die erbrachte Werkleistung noch nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht bzw. nicht mehr. 

 

Allgemein anerkannte Regeln der Technik werden üblicherweise in technischen Normen niedergelegt. Hierbei sind insbesondere zu nennen: 

  • DIN-Normen
  • ETB (einheitliche technische Baubestimmungen des Institutes für Bautechnik) 
  • Richtlinien des VDI 
  • Flachdachrichtlinie

 

Bezüglich solcher technischer Regelwerke besteht die widerlegliche Vermutung, dass diese Regelwerke die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben. Allerdings ist diese Vermutung widerlegbar. 

 

Die Beweislast hat in diesem Falle die Vertragspartei zu tragen, welche die Vermutung wiederlegen will, dass es sich bei den technischen Normen um die Wiedergabe der allgemein anerkannten Regeln der Technik handelt. 

 

 

Beispiel:

Bauunternehmer B hat Werkleistungen exakt nach der einschlägigen DIN-Norm ausgeführt. Dennoch will sich Bauherr B darauf berufen, dass die DIN-Norm nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen würde und damit auch die Werkleistung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspräche. In diesem Falle müsste Bauherr B darlegen und beweisen, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik von der DIN-Norm abweichen und daher die erbrachte Werkleistung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Kann er diesen Beweis nicht erbringen bzw. verbleiben diesbezüglich Zweifel, so könnte er Gewährleistungsansprüche nicht erfolgreich durchsetzen. 

 

Beispiel:

Bauunternehmer B hat im Ausgangsfalle nicht nach der einschlägigen DIN-Norm gearbeitet, beruft sich jedoch darauf, dass seine Werkleistung den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen würde und die einschlägige DIN-Norm nicht bzw. nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen würde. In diesem Falle müsste Bauunternehmer B darlegen und beweisen, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik von der DIN-Norm abweichen und die von ihm erbrachte Werkleistung den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Könnte er diesen Beweis nicht abschließend erbringen, verbliebe es bei der Vermutung, wonach die DIN-Norm die allgemein anerkannten Regeln der Technik wiedergibt und damit seine Werkleistung mangelhaft ist. 

 

 

Beachte:

Da sich die Bautechnik fortwährend weiterentwickelt, muss stets eine genaue Prüfung und Kontrolle erfolgen, inwiefern die technischen Regelwerke noch die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben. Im Streitfalle wird dies von einem Sachverständigen zu prüfen sein. Dabei kann der Sachverständige zurückgreifen auf die Literatur, Erfahrungssätze, Netzwerke, Mangel- bzw. Schadensstatistiken etc. Keinesfalls kann sich der Sachverständige – wie ausgeführt – darauf beschränken, eine Prüfung vorzunehmen, inwiefern die Ausführung beispielsweise einer DIN-Norm bzw. einer anderen schriftlich niedergelegten technischen Norm entspricht. Oftmals gehen Sachverständige ungeprüft davon aus, dass technische Normen grundsätzlich den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen, so dass es im Bedarfsfalle erforderlich werden kann, darauf hinzuweisen, dass auch technische Normen veraltet sein können und nicht bzw. nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. 

 

 

Maßgeblich kommt es auf den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme an. 

Sowohl beim BGB-Vertrag, als auch beim VOB-Vertrag hat der Auftragnehmer daher zum Zeitpunkt der Abnahme eine Werkleistung herzustellen, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. 

 

Da sich jedoch die Bautechnik ständig fortentwickelt, ist es möglich, dass sich während der Bauphase und vor der Abnahme die anerkannten Regeln der Technik unvorhersehbar ändern. In diesem Falle hat der Auftragnehmer den Auftraggeber unverzüglich auf die sich ändernden allgemein anerkannten Regeln der Technik hinzuweisen, um diesem die Möglichkeit zu geben, durch eine nachträgliche Änderung eine dem neuesten Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechendes Werk zu erhalten. Der Auftragnehmer schuldet nämlich zum Zeitpunkt der Abnahme eine Werkleistung, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. 

 

 

Beispiel:

Bauunternehmer B gibt ein Angebot für die Errichtung einer Halle in Stahlkonstruktion ab, wobei das Angebot mit einem Betrag in Höhe von 5.000.000,00 EUR endet. Der Auftrag wird auf der Basis dieses Angebotes dem B am 01.07.2015 erteilt. Zum Zeitpunkt der Angebotserteilung sowie der Auftragserteilung entsprach die angebotene Konstruktion den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Während der 4-jährigen Bauphase, ändern sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik und die Anforderungen an die Stahlkonstruktion werden nach den neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik deutlich verschärft. Zum Zeitpunkt der Abnahme gelten daher bereits neue allgemein anerkannte Regeln der Technik, wonach deutlich größere Dimensionierungen der Dachkonstruktion notwendig und erforderlich sind. Bauunternehmer B führt die Werkleistungen entsprechend dem ursprünglichen Angebot und den inzwischen veralteten allgemein anerkannten Regeln der Technik aus. In diesem Falle ist die von ihm erbrachte Werkleistung zum Zeitpunkt der Abnahme mangelhaft, da sie zum Zeitpunkt der Abnahme nicht (mehr) den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Richtigerweise hätte B einen Hinweis gegenüber dem Auftraggeber während der Bauphase dahingehend erteilen müssen, dass sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik ändern und nach den neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik stärkere Dimensionierungen der Dachkonstruktion - gegen entsprechende Mehrkosten - notwendig und erforderlich sind. Der Auftraggeber hätte in diesem Falle entscheiden können, inwiefern die ursprünglichen Pläne geändert und nach den neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik gegen Mehrkosten ausgeführt werden, oder aber die Ausführung – trotz angemeldeter Bedenken – nach den ursprünglich allgemein anerkannten Regeln der Technik ausgeführt werden sollen. 

 

 

In rechtlicher Hinsicht dürfte ein „Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegen, wenn sich unvorhersehbar die anerkannten Regeln der Technik zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Ausführung/Abnahme geändert haben.

 

Denkbar ist auch, dass die Parteien eine Bauausführung vereinbaren, die von den anerkannten Regeln der Technik abweicht. Allerdings wird eine solche Vereinbarung nur dann als wirksam angesehen, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber auf das mit der Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik verbundene Risiko hingewiesen hat und der Auftragnehmer – trotz Kenntnis der Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und des damit verbunden Risikos – mit der geänderten Ausführung ausdrücklich einverstanden ist. Nur ausnahmsweise ist ein solcher Hinweis auf das mit der Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik verbundene Risiko entbehrlich, wenn dem Auftraggeber das entsprechende Risiko bekannt ist oder sich bereits ohne weiteres aus den Umständen ergibt.

 

 

Beispiel:

Obwohl nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik eine Stufe von 15 cm zur Terrasse grundsätzlich notwendig und erforderlich wäre, wünscht Bauherr B einen „ebenerdigen“ Übergang zwischen Wohnzimmer und Terrasse. In diesem Falle müsste Auftragnehmer A den Bauherren ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Art der Ausführung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und das Risiko von Feuchtigkeitsschäden besteht. Nur wenn A den Bauherren ausdrücklich und im Detail über die Tatsache informiert hätte, dass die Ausführung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und welche konkreten Risiken damit verbunden wären, wäre die von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Beschaffenheitsvereinbarung wirksam. 

 

 

Beachte:

In der Baupraxis stellt es eine übliche „Verteidigungsstrategie“ von Auftragnehmern dar, sich darauf zu berufen, der Auftragnehmer habe die von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Ausführung ausdrücklich gewünscht und beauftragt. Zumeist werden daher von der Rechtsprechung strenge Anforderungen daran gestellt, inwiefern der Auftraggeber hinreichend über die Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und insbesondere die damit verbundenen Risiken hingewiesen wurde. 

 

 

Beachte:

Wünscht der Auftraggeber tatsächlich eine von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Ausführung, so hat der Auftragnehmer im Streitfalle darzulegen und zu beweisen, dass tatsächlich eine von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Vereinbarung getroffen wurde und er den Auftraggeber ausdrücklich auf die damit verbundenen Risiken hingewiesen hat. Es empfiehlt sich daher aus Beweisgründen, diesen Hinweis schriftlich vorzunehmen und sich von dem Auftraggeber durch Unterschrift abzeichnen zu lassen. Dies könnte beispielsweise mit nachfolgender Formulierung erfolgen: