Widerruf von Bauverträgen:

 

Es stellt einen weit verbreiteten Irrtum dar, dass Verträge grundsätzlich innerhalb von 2 Wochen immer widerrufbar oder kündbar seien. Tatsächlich sind Verträge zunächst einmal grundsätzlich bindend und nicht widerrufbar, sofern nicht ausdrücklich im Gesetz oder  im Vertrag ein solches Widerrufs- oder Kündigungsrecht vorgesehen ist. 

 

 

Verbraucherbauvertrag:

 

Im Falle eines „Verbraucherbauvertrages“ im Sinne des § 651i BGB, steht dem Verbraucher ein Widerufsrecht zu.

 

§ 651i BGB

 

(1) Verbraucherbauverträge sind Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.

 

Auftraggeber muss also ein Verbraucher sein und er muss den Bau eines neuen Gebäudes oder Umbaumaßnahmen in Auftrag geben, die einem Neubau vom Umfang vergleichbar sind.

 

 

§ 650l BGB

 

Dem Verbraucher steht ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu, es sei denn, der Vertrag wurde notariell beurkundet. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 249 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über sein Widerrufsrecht zu belehren.

 

 

Geschäfte außerhalb von Geschäftsräumen:

 

Gemäß §§ 356, 312b Abs. 1 BGB kann dem Verbraucher als Auftraggeber auch bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zustehen.

 

 

 

§ 312b BGB:

 

(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge, 

 

1.

die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,

 

2.

für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,

 

3.

die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder

 

4.

die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.

 

Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.

 

(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich. 

 

 

§ 312g BGB:

 

(1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu. 

 

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Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind dabei solche Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist (§ 312 b Abs. 1 Nr. 1 BGB). Dabei sind Geschäftsräume unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt (§ 312 b Abs. 2 Satz 1 BGB). Hierzu zählen in der Regel das Ladengeschäft des Unternehmers und unter Umständen auch dessen Privatwohnung. Keine Geschäftsräume sind demgegenüber das Haus oder die Wohnung des Auftraggebers bzw. der Öffentlichkeit zugängliche Orte wie Straßen, öffentliche Verkehrsmittel, Sportanlagen etc.

Beispiel:

Bauherr B und Bauunternehmer X treffen sich zufällig auf einer privaten Party von Gastgeber G. Während dieser Party beauftragt Bauherr B den X damit ihm eine Doppelgarage auf seinem Grundstück zu errichten. In diesem Falle stünde B ein Widerrufsrecht gemäß § 312 g Abs. 1 BGB zu, da es sich um einen Vertrag handelt, der außerhalb der Geschäftsräumen von X geschlossen wurde.


Ein solches Widerrufsrecht besteht allerdings dann gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 11 BGB nicht, wenn zuvor der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hatte ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen. Dabei ist jedoch erforderlich, dass es sich wirklich um „dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten“ handelt. Das sind Arbeiten nur dann, wenn sie zur sofortigen Wiederherstellung der Funktionstauglichkeit erforderlich sind und der Verbraucher darauf angewiesen ist.

 

 

§ 312g BGB:

 

 

.........

 

(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen: 

 

 

 

......

 

 

11.

Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,

 

Beispiel:

Die Heizung von Bauherr B fällt am 22.12.2019 unerwartet aus und er ruft bei Installateur I an, um die Heizung zu reparieren. Bei den dann durchgeführten Reparaturarbeiten handelt es sich um „dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten“, da die Heizung im Winter dringend benötigt wird und daher eine sofortige Instandsetzung notwendig und erforderlich ist. 


Allerdings gilt diese Ausnahme vom Widerrufsrecht nur für die konkreten Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, die auch tatsächlich dringend notwendig und erforderlich sind. Dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden (§ 312 g Abs. 2 Nr. 11 BGB). 

Beispiel:

Stellt Installateur I im Rahmen der Reparatur im Ausgangsfalle fest, dass auch der Brenner der Heizung kurzfristig erneuert werden muss, jedoch derzeit noch funktionsfähig ist, so würde es sich bei dem vorgenommenen Austausch des Brenners nicht um solche „dringenden Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten“ handeln. Diese zusätzlichen Arbeiten wären daher nicht von dem Ausnahmefall umfasst und dem Auftraggeber stünde insofern ein Widerrufsrecht zu.


Beachte:

Das Widerrufsrecht besteht – wenn überhaupt – zugunsten eines Verbrauchers. Ist der Auftraggeber ein Unternehmer, so steht diesem kein Widerrufsrecht zu. 


Der Beginn und die Dauer des Widerrufsrechts bemessen sich dabei nach § 356 Abs. 3 BGB und sind davon abhängig, wann die Leistung vollständig erbracht wurde und inwiefern der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt wurde (dann 14 Tage gem.§ 355 Abs. 2 BGB im Falle einer ordnungsgemäßen Belehrung) oder nicht (dann 12 Monate und 14 Tage gem. § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB im Falle fehlender oder unzureichender Belehrung).

 

 

§ 355 BGB:

 

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

 

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

 

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

 

§ 356 BGB:

.......

(2) Die Widerrufsfrist beginnt 

...

 

2.

bei einem Vertrag, der die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, die Lieferung von Fernwärme oder die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten zum Gegenstand hat, mit Vertragsschluss.

 

(3) Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Artikels 246b § 2 Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat. Das Widerrufsrecht erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem in Absatz 2 oder § 355 Absatz 2 Satz 2 genannten Zeitpunkt. Satz 2 ist auf Verträge über Finanzdienstleistungen nicht anwendbar.

........

(4) Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert. Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag muss die Zustimmung des Verbrauchers auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden. Bei einem Vertrag über die Erbringung von Finanzdienstleistungen erlischt das Widerrufsrecht abweichend von Satz 1, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt.