Nacherfüllungsanspruch:

 

Sofern nachweisbar ein Mangel bereits zum Zeitpunkt der Abnahme vorgelegen hat bzw. im Keim angelegt war, steht dem Auftraggeber ein Nacherfüllungsanspruch gegenüber dem Auftragnehmer zu. Dieser Nacherfüllungsanspruch besteht beispielsweise auch bei „unwesentlichen Mängeln“. 

 

Ein Verschulden des Auftragnehmers am Vorliegen des Mangels ist ebenfalls nicht erforderlich, da der Auftragnehmer – verschuldensunabhängig – den Erfolg einer mangelfreien Leistung schuldet. 

 

 

§ 635 Abs. 1 und 2 BGB:

 

(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.

 

(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

 

 

§ 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 VOB/B:

 

Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt.

 

 

Beispiel:

Bauherr B beauftragt Dachdecker D mit der Neueindeckung seines Daches eines Einfamilienhauses. Nach 3 Jahren stellen sich Abplatzungen im Bereich der Oberfläche der Dachziegel ein, die auf einen Produktionsfehler im Herstellerwerk zurückzuführen sind. Dieser Produktionsfehler war für Dachdecker D nicht erkennbar. Obwohl Dachdecker darauf vertrauen durfte, dass die Dachziegel ordnungsgemäß produziert und mängelfrei sind und ihn deshalb kein Verschulden trifft, ist er gegenüber Bauherr B uneingeschränkt dazu verpflichtet, die mangelhaften Dachziegel auszutauschen und durch mangelfreie Dachziegel zu ersetzen. Notfalls ist Dachdecker D sogar – je nach Umfang der Schäden – zur vollständigen Neueindeckung des gesamten Daches verpflichtet. 

 

 

Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B muss der Auftraggeber beim VOB-Vertrag das Mängelbeseitigungsverlangen „schriftlich“ vornehmen. Dabei soll jedoch die Einhaltung dieser Schriftform nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für das Entstehen des Mängelbeseitigungsanspruches sein. Ein mündliches Nachbesserungsverlangen ist daher – auch beim BGB-Vertrag  ausreichend. Aus Beweisgründen sollte dies aber in der Regel schriftlich erfolgen.

 

 

Praxistipp:

Obwohl – wie zuvor ausgeführt – die Schriftform nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für das Mängelbeseitigungsverlangen und auch ein mündliches Nachbesserungsverlangen wirksam ist, sollte der Auftraggeber stets aus Beweiszwecken die Mängelaufforderung schriftlich verfassen. Gleichzeitig sollte er den Zugang des Mängelbeseitigungsverlangens beweisbar sicherstellen (beispielsweise durch Boten oder Einschreiben mit Rückschein). 

 

 

Im Rahmen der Nacherfüllung/Nachbesserung hat der Auftragnehmer einen vollständig mangelfreien Zustand herzustellen und hierfür sämtliche erforderlichen Maßnahmen auf eigene Kosten auszuführen, die zur Herstellung dieses geschuldeten werkvertraglichen „Erfolges“ notwendig und erforderlich sind. Hierzu zählen auch sämtliche damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen. Im Bedarfsfalle hat der Auftragnehmer hierfür sogar einen Drittunternehmer einzuschalten, wenn anders der Mangel nicht beseitigt werden kann.

 

 

Beispiel:

Elektroinstallateur E wurde beauftragt die Elektroinstallation im gesamten Objekt auszuführen und hat eine vereinbarte und geschuldete Steckdose vergessen. Wird dies erst festgestellt, nachdem der Innenputz ausgeführt und die Malerarbeiten abgeschlossen sind, wird es zur Nachbesserung erforderlich sein, nachträglich Schlitze in den fertigen Innenputz zu stemmen, die Tapeten neu aufzubringen und die Wand/Wände neu zu streichen. Sämtliche dieser Arbeiten muss E – notfalls durch Drittunternehmer – ausführen. Die hierfür anfallenden Material- und Arbeitskosten hat E vollständig zu tragen. 

 

Beispiel:

Rohbauer R hat die vertikale Abdichtung des Kellers mit Bitumen nicht fachgerecht ausgeführt, so dass eine Nachbesserung erforderlich ist. Die hierfür notwendigen Erdarbeiten zur Freilegung des Kellers und das anschließende Wiederverfüllen hat R ebenfalls zu übernehmen. 

 

 

In welcher Art und Weise der Auftragnehmer die Nachbesserung vornimmt, steht dabei grundsätzlich im Ermessen und in der Entscheidung des Auftragnehmers. Dies ist darauf zurückzuführen, dass beim Werkvertrag der Auftragnehmer grundsätzlich den vereinbarten „Erfolg“ schuldet. In welcher Form und auf welchem Wege er diesen Erfolg erreicht, obliegt grundsätzlich der Entscheidung des Auftragnehmers. Sind also mehrere Möglichkeiten zur Nachbesserung denkbar, so obliegt grundsätzlich die Entscheidung dem Auftragnehmer. 

 

 

Beispiel:

Fliesenleger F hat bei der Verfugung der Fliesen im Badezimmer unterschiedliche Fugenmörtel verwendet, so dass Farbunterschiede im Bereich der Verfugungen deutlich erkennbar sind. Eine Nachbesserung ist entweder dadurch möglich, dass sämtliche Fugen entfernt und einheitlich erneuert werden, oder aber die vorhandenen Fugen mit einer speziellen Farbe einheitlich überfärbt werden. In diesem Falle obläge es dem Auftragnehmer zu entscheiden, welche Art der Nachbesserung er vornehmen will. 

 

Beispiel:

Installateur I verlegt im Erdreich eine Zuleitung für eine Wärmepumpe, wobei ein beaufragter Sachverständige feststellt, dass die vorliegende Verlegung deshalb mangelhaft ist, weil die Schraubverbindungen im Erdreich nicht zugänglich sind. Eine Nachbesserung wäre durch vollständigen Austausch der Leitung bzw. nachträglichen Einbau entsprechender Schächte für die Zugänglichkeit der Schraubverbindungen möglich. Auch hier kann der Auftragnehmer selbst entscheiden, welche Art der Nachbesserung er vornehmen will. 

 

 

Nur ausnahmsweise kann der Auftraggeber auf einer bestimmten Art der Nachbesserung bestehen und andere Arten der Nachbesserung verweigern, wenn die Mangelbeseitigung fachlich nur auf eine bestimmte Weise fachgerecht möglich ist. 

 

 

Praxistipp:

In der Praxis neigen Auftraggeber regelmäßig dazu, Vorgaben zu der Art der Nachbesserung vornehmen zu wollen. Oftmals wird verfrüht von der Auftraggeberseite die Auffassung vertreten, die Nachbesserung sei vermeintlich nur in einer bestimmten Art und Weise möglich. Im Idealfalle sollte der Versuch unternommen werden, mit dem Auftragnehmer die Art der Nachbesserung abzustimmen und zu vereinbaren. Sollte eine solche Vereinbarung nicht möglich sein, ist auf Auftraggeberseite Vorsicht geboten bei der Ablehnung angebotener Nachbesserungsarbeiten. Nur dann, wenn zweifelsfrei und nachweisbar die angebotene Art der Nachbesserung tatsächlich untauglich ist bzw. nur in einer bestimmten Art und Weise wirklich ein Nachbesserung fachlich möglich ist, sollte die Entgegennahme der ansonsten angebotenen Nachbesserung verweigert werden. Andernfalls besteht nämlich das Risiko, dass ein Gericht – unterstützt durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen - im Prozessverfahren zu der Auffassung gelangt, dass auch die seinerzeit angebotene Art der Nachbesserung fachgerecht und akzeptabel gewesen wäre. In diesem Falle hätte der Auftraggeber unberechtigterweise die Entgegennahme der angebotenen Nachbesserung verweigert und hätte sich insofern im Annahmeverzug befunden. Im Zweifel sollte daher lieber der Auftraggeber unter Fristsetzung zur Nachbesserung ohne Vorgabe einer bestimmten Art der Nachbesserung aufgefordert werden und nach Ablauf der Frist bzw. Ausführung der Nachbesserungsarbeiten sollte überprüft werden, inwiefern der geschuldete werkvertragliche Erfolg und damit eine fachgerechte Leistung tatsächlich erreicht wurde oder nicht. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte der Auftraggeber immer noch Schadensersatz geltend machen.